Mittwoch, 14. März 2007

Sorge um die politische Bildung

Vor kurzem hat die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in Berlin einen Kongress abgehalten. Thematisiert wurde das, schon im Namen erklärte Hauptanliegen des Instituts: Die politische Bildung, genauer: die Sorge um deren Ausbleiben und ständigem Rückgang. Dieser Artikel, der heute auf Telepolis erschienen ist, berichtet darüber.

Die bpb habe, so deren Präsident
Thomas Krüger auf der Berliner Tagung, eine feste Stammkundschaft, die ständig schrumpft, und erreicht große Teile der Bevölkerung gar nicht mehr.

Doch was ist mit denjenigen, die sich aus den klassischen Verteilzirkeln ausgeklinkt haben? Die auf die "Förderung des Bewusstseins für Demokratie und politische Partizipation", wie der offizielle Auftrag der bpb lautet, lieber verzichten und den typischen Veranstaltungen - Tagungen, Kongresse, Festivals, Messen, Ausstellungen, Studienreisen, Wettbewerbe, Kinoseminare und Kulturveranstaltungen – einfach fernbleiben? Ganz zu schweigen von der Ignoranz, mit denen sie die vielen klugen Publikationen der bpb – ob on- oder offline – behandeln

Einfach fernbleiben, Ignoranz gegenüber kluger Publikationen, das kann nicht sein. Das darf nicht sein! Nun wird zu Recht unterschieden zwischen Politikverdrossenen und Bildungsfernen. Politikverdrossen sind viele und es werden immer mehr. Ja, wer soll es denen auch verübeln, bei all dem Murks der alltäglichen Politik. Wozu sich interessieren und aktivieren, wenn alles Einheitsbrei ist und die politische Klasse doch immer genau entgegen dem handelt, wofür die Wähler sie gewählt haben. Da zeigt sich, wie demokratisch die gelobte Demokratie wirklich ist. Kritik am neoliberalen Beten kann schließlich mitunter auch schon dazu führen, dass ganz besonders kluge Köpfe wie ein Herr Stoiber (aber auch andere, nicht minder reiche Geister), sich zu einem Urteil, wie er es unlängst über den gerade heiß diskutieren, ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar verhängt hat, berufen fühlen: Wer sich erdreistet Kritik am kapitalistischen Wirtschaften zu üben, sei ein Staatsfeind und gehöre hinter Gitter. Das war's so etwa, was von verschiedenen Seiten in den Medien zitiert wurde.

Ich bin zwar sehr dafür, und dieser Blog soll auch dazu dienen, der breiten Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, aber dazu gehört - das muss ich eingestehen - eine gute Portion Idealismus, denn die Zeichen der Zeit stehen nicht gerade gut für sinnvolles politisches Handeln.
Und gerade ein Institut, welches vom Staat selbst getragen wird und nicht dafür bekannt ist, besonders kritisch mit dem politischen Mainstream umzugehen, muss sich naturgemäß in einer solchen Situation sehr schwer tun.

Das weiß man auch und will sich daher zunächst einmal den Bildungsfernen zuwenden. Um diese ausfindig zu machen, bedient man sich der sogenannten Sinus-Milieus die auf Grundlage des französischen Soziologen Émile Durkheim entwickelt wurden.

Satte 23 Prozent der bundesdeutschen Gesellschaft fallen darunter. Es sind dies vor allem die so genannten "Hedonisten" (11 Prozent), eine spaßorientierte Mittel- und Unterschicht, sowie die "Konsum-Materialisten" (12 Prozent), eine stark materialistisch geprägte Unterschicht, worunter insbesondere auch junge Migranten fallen. Beide Gruppen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Bildung als Zwang verstehen und ihren Erwerb bloß anstreben, wenn ein persönlicher Nutzen damit verbunden ist. Mozart, Kant und Nietzsche zu kennen, erscheint ihnen unnötig, Straßenverkehrsregeln zu pauken, dient hingegen dem Führerschein.



Es handelt sich hier also um Angehörige der Unterschicht, die zu einem großen Teil aus Menschen mit Migrationshintergrund besteht. Das wichtigste um junge Migraten, zumindest sofern sie keinen deutschen Pass haben, für politsche Themen empfänglich zu machen wäre doch wohl ein schon längst überfälliges Wahlrecht für Nichtdeutsche, die schon mehrere Jahre in Deutschland leben. Zumals hier von jungen Migraten gesprochen wird, also vorrangig Menschen der zweiten Generation die in Deutschland geboren sind.

Viele von denen sind freilich eingebürgert und dürfen darum auch alle paar Jahre brav wählen, was in dieser Demokratie die Voraussetzung und auch leider schon fast das Ende der politschen Beteiligung bedeutet. Bildungsfern sind sie trotzdem. Woran könnte das liegen? Vielleicht daran, dass sie spüren und wissen, wie gering bis quasi nicht vorhanden ihr demokratischer Einfluss ist. Weil sie jeden Tag sehen, dass ihre Belange in der der Politik nur in schlauen Reden Anerkennung finden, im Handeln allerdings kaum.

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