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Sonntag, 31. Mai 2009

Italo Svevo: Zeno Cosini


Meine momentane Lektüre gibt mir den Anlass mal wieder, falls gewünscht, an meinen literarischen, teilnehmenden Beobachtungen teilhaben zu lassen und diesen Blog mit Inhalten zu füllen. Zeno Cosini, ein Roman von Italo Svevo aus dem Jahre 1923. Schon lange stand das Buch bei mir im Regal und ich bin wirklich froh es nun aufgeschlagen und zu lesen begonnen habe. Daher die Empfehlung gleich zu Beginn: Ein wunderbares Buch, bedingungslos empfehlenswert!

Worum geht es: Erzählt wird in interessantem Erzählstil aus der selbstreflexiven Perspektive des Triester Bürgers Zeno Cosini. Im Vorwort kommt ein Psychoanalytiker zu Wort, der als fiktiver Veröffentlicher dieser Aufzeichnungen erscheint, die als Teil der Behandlung des Protagonisten von diesem verfasst wurden und nun nachdem Cosini diese abgebrochen hatte, vom Arzt veröffentlicht werden. Zeno Cosini ist wohlhabender Triester Bürger des Fin de siècle. Mit einem umfassenden Erbe kann er sich als Müßiggänger seinen Liebschaften und eingebildeten Krankheiten hingeben, ohne sich sonderlich um irgendetwas zu sorgen.
Interessant an der Erzählweise ist auch, dass der Antiheld seinen Werdegang nicht chronologisch erzählt, sondern in einzelnen Kapiteln thematisch vorgeht. Zunächst über die Leidenschaft und das Laster des Rauchens, dann das Kennenlernen seiner zukünftigen Gattin und die Umstände der Hochzeit. Anschließend lässt Svevo seinen Helden lange und ausführlich über die Leiden der Liebe zu seiner Gemahlin Augusta und seiner Geliebten Clara berichten um im darauf folgenden Kapitel seine geschäftliche Betätigung im Unternehmen des Schwagers Guido zu erzählen. In diesem Abschnitt bin ich auch gerade, so dass ich noch nicht bis zum Ende berichten kann. Durch die thematische Abhandlung entwirft sich erst nach und nach ein vollständiges Bild der Person und der Entwicklung des Zeno Cosini. In meiner Rowohlt Taschenbuchausgabe wird in einem Vorwort von François Bondy diese Erzählform wegen ihrer zeitlichen Vielschichtigkeit als schwierig bezeichnet. Das kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Der Roman lässt sich trotz dieses temporalen Wechsels sehr gut lesen und wird gerade dadurch noch zusätzlich interessant.

Zeno Cosini ist eine tragische, skurille und vielschichtige Gestalt. Ein Schwätzer und Angeber ohne großartige Fähigkeiten auf der einen Seite, andererseits aber auch sehr gutmütig und oft liebeswert. Dann erscheint er aber auch wieder kaltherzig und völlig frei von Empathie, wenn er beispielsweise über seine Sicht der eigenen oder anderer Kinder berichtet. Schon das Zustandekommen seine Ehe ist eine peinliche und schräge Komödie. Ins Hause eines Freundes und Mentors eingeführt, wird Zeno mit dessen vier Töchtern bekanntgemacht, von denen drei dem Alter nach als Ehefrauen in Frage kommen. Bereits vor dem Kennenlernen hatte Zeno beschlossen einer dieser Damen den Hof zu machen und diese zu heiraten. So bemüht er sich dann auch um Ada, diejenige in die er nach Entschluss verliebt. Dumm nur, dass sie rein gar nichts von ihm wissen will, und seine ständigen Versuche als geistreich und witzig zu erscheinen nur mit Verachtung würdigt. So kommt es, dass Zeno eines Tages den drei jungen Damen Ada, Alberta und Augusta nacheinander Heiratsanträge macht. Die beiden ersten lehnen ab, nur Augusta die Zeno, im Gegensatz zu seinen Gefühlen für sie, liebgewonnen hatte nimmt den Antrag an und die beiden verloben sich. Allein diese skurille Szenerie macht den Roman wunderbar leicht und zu einem herrlichen Lesevergnügen. Mehrere ähnlich unterhaltsame Episoden werden folgen.

Ein bisschen zäh war mir aufgrund seiner textlichen Länge Zenos ewiger innerer Kampf zwischen der Liebe zu Augusta und der Leidenschaft die er für Clara. Dieses arme aber hübsche junge Mädchen fand in Zeno einen Wohltäter und Liebhaber, er jedoch ist im wesentlichen mit sich selbst und seiner Zerrissenheit beschäftigt. Dass mir dieses Kapitel etwas langatmig erschien mag auch daran liegen, dass ich zwischenzeitlich nur sehr wenig Zeit zum Weiterlesen fand.

Der Abschnitt den ich gerade lese handelt von seiner geschäftlichen Betätigung, die man nur mit einem Lächeln als solche Bezeichnen kann. Zeno und auch sein Schwager Guido, der statt seiner am Ende Adas Ehemann wurde, sind zwei Menschen die keine sonderliche Begabung als Geschäftsmänner besitzen. Ein Kontor und Büro führen die beiden mehr zum Vergnügen und weil Gudio anscheinend der Meinung ist das sei ihrem Stand des höheren Bürgertums gemäß. An dieser Episode wird sehr schön der Übergang vom aristokratischen Ideal des Müßigganges hin zum bürgerlichen des Geschäftsmannes und berufstätigen Lebens parodiert.

Als kurzer Einblick in die Handlung des Romans soll das erstmal genügen. Ich werde ihn weiterlesen um dann vielleicht auch noch einmal über meine Eindrücke zu berichten.

Samstag, 19. April 2008

Neues Buch: Zadie Smith, Von der Schönheit

Bin zwar bei Littells Die Wohlgesinnten noch nichtmal ganz bei der Hälfte, habe aber trotzdem vor ein paar Tagen einen weiteren Roman begonnen, der schon seit über einem Jahr wartend bei mir im Regal steht. Und zwar, wie in der Sidebar zu sehen ist Von der Schönheit von Zadie Smith. Vor kurzem übrigens auch als Taschenbuch erschienen.

Die Wohlgesinnten sind einfach eine sehr anstrengende Lektüre, teilweise eine echte Qual, der ich mich nicht immer aussetzen will. Manchmal sehr zäh und schleppend, dann wieder abstoßend grausam und immer wieder geschichtliche Fakten und Taten, die mich dazu veranlassen, das Buch wegzulegen um in historischen Fachbüchern die genaueren Geschehnisse zu erfahren.

Daher der Zweitroman zur Entspannung. Als hätte ich nicht schon genug Bücherstau, allein für die Uni. Haha. Das geht eben dann auch nicht immer. So will ich also auch über den "Entspannungsroman" hier in nächster Zeit mehr oder weniger ausführlich berichten...

Freitag, 14. März 2008

So viel Zeit, vorbei....

Nun mal wieder, soviel Zeit muss sein, zurück zu Frank Goosens Roman. Hier geht’s zum ersten und zum zweiten Teil meiner bisherigen Lesenotizen.


Anscheinend hatte ich, ganz unbewusst, beim letzten Mal meinen Lese- und Berichtstopp genau an der richtigen Stelle gemacht. Zumindest für mein persönliches Empfinden. Zwar war auch vorher die Story interessant und unterhaltsam, aber ich konnte und wollte doch nicht ganz verbergen, dass es mir im ganzen doch ein bisschen zu sehr inszeniert und gekünstelt wirkte.


Genau an der Stelle jedoch, an der ich nach meinem Umzug das Lesen wieder aufgenommen hatte (es war Kapitel 25) gewinnt der Roman noch mal richtig an Fahrt und wird im letzten Drittel ziemlich toll. Seltsam eigentlich! Ich war bisher der Ansicht, wenn die ersten 100 Seiten es nicht packen wird es auch der Rest nicht schaffen. Obwohl ich trotzdem leider zu oft dazu neige, etwas Angefangenes auch zu Ende bringen zu wollen. Also, beim Lesen von Romanen, woanders kann standhafte Ausdauer doch ziemlich hilfreich sein. Nun bei der Fülle von Romanen frage ich mich oft, wieso ich eigentlich noch immer an demjenigen lese, der mich doch schon seit Tagen quält! Ganz schön mutig Herr Goosen! Ich kann nur allen empfehlen in diesem Fall, auch wenn es einigen auf den ersten Seiten ähnlich gehen mag wie mir, weiterzulesen, das Ende wird sich lohnen. Für mich jedenfalls. Ich wäre froh dazu auch die Meinung von anderen zu hören.


Und woran liegt’s? Geändert hat sich doch eigentlich nicht viel. Noch immer versuchen ein paar Mittvierziger mittels einer Rockband ihre verblasste Jugend wieder zu beschwören. Aber genau das wird eben jetzt auch im Roman zum Thema. Das genau dieses zurückholen der Jugend eben so nicht geht. Und so werden die Jungs dann doch noch authentisch. Rainer bekommt von seinem Sohn David eine Belehrung, dass das alte Rocker-Shirt aus Teeny-Zeiten gar nicht geht, und sieht es ein.
Kurz darauf die ersten Auftritte. Alles nur Übung für den einen Großen: Das Klassentreffen! Aber egal! Der erste läuft gleich wie geschmiert. Was nicht an der Qualität der Musik liegen muss, sondern viel mehr an der Dumpfheit der Bespielten. Ein Tennisclub erhält die Ehre! Aber immerhin! Bulle landet gleich ganz schwer bei einer Dame namens Angelika und fängt mit ihr was an. Nicht ohne Schwierigkeiten, da noch immer Schuldgefühle gegenüber seiner an Krebs gestorbenen Frau an ihm nagen.
Mittlerweile hat sich bei Konni zuhause – der übrigens anders als zuvor einmal vermutet katholische Religion und Bio unterrichtet. Mit Deutsch lag ich also daneben. – eine Rocker-WG entwickelt. Thomas der Ärger mit seiner Freundin hatte, Rainer, nachdem er seine Frau nun doch wirklich mit einer anderen betrügt und natürlich Ole. Konni übrigens, angetrieben durch sein gestärktes Ego nach dem ersten Auftritt, schnappt sich seine Kollegin Ursula und hat damit auch wieder was am Laufen. So tut sich bei fast allen etwas in der Liebe. Allen bis auf Ole. Der hat anscheinend ohnehin mehr davon anderen beim Leben zuzusehen als selber mitzuspielen.


Eines ist jedoch entscheidend und hier liegt auch der Grund, weswegen mir das letzte Drittel so gut gefällt: Die Charaktere werden gerade jetzt am Ende richtig lebendig, echt und authentisch. Jeder einzelne von ihnen erhält ein Gesicht und wird damit sympathisch. Konni, der mutlose Lehrer, dem die Band neue Kraft gibt. Rainer und Bulle, die beiden eher starken und gefestigten Persönlichkeiten in der Runde lösen sich von vergangenem. Bulle nimmt Abschied von seiner verstorbenen Frau und Rainer löst sich aus einer Beziehung die schon lange zerstört war.

Thomas ist ein unsicherer Charakter, ähnlich wie Konni. Er fühlt sich ohnehin ein wenig am Rande, da er jünger ist als die anderen und viele Erinnerungen nicht mit ihnen teilt. Getrennt von seiner Freundin und beruflich erfolglos, verliert er zunächst alle Kraft. Auch die Band ist für ihn nicht der Antriebsmotor, anders als bei den anderen. Erst als Corinna am Ende wieder auf ihn zugeht – er selbst hatte sich das zuvor nicht getraut – gibt ihm das die Kraft wieder zu schreiben. Und Ole? Er ist der verschlossenste Typ. Erst ganz am Ende wird ein Geheimnis um ihn Preis gegeben, das schon seit Jahren an ihm fraß und ihn mit Schuldgefühlen plagte.


Ja und was noch: Ach ja, der Titel und damit auch irgendwie das Motto des Romans erhält in diesem starken letzten Drittel mächtig Rückenwind. So bedauert Angelika So viel Zeit die sie an der Seite eines anderen verbrachte. Brigitte dagegen hat Angst vor So viel Zeit die ihr noch bleibt, jetzt da sie von Rainer betrogen und verlassen, nurmehr als Mutter, anstatt als Frau, im Leben zu stehen meint. Und auch für die Jungs selbst wird So viel Zeit zunehmend zum Thema. Das wird ihnen spätestens beim Klassentreffen endgültig klar. Ziemlich fremd sind ihnen viele andere, auf deren Wiedersehen sie sich zuvor gefreut hatten, geworden. Wen wundert’s? Wohl eher die übliche Erfahrung der meisten Klassentreffen.

Fazit: So viel Zeit ist es nicht die man mit dem Roman verbringen muss. Er liest sich sehr gut und schnell. Wenn man sich denn die Zeit dafür nimmt. Wie ich anhand meiner Beiträge hier sehe brauchte ich einen ganzen Monat dafür. Wie gesagt, den Anfang fand ich etwas schleppend und konstruiert, jedoch macht das Ende richtig Spaß. Also diesmal am Ball bleiben, es lohnt!

Samstag, 1. März 2008

So viel Zeit, Lesetagebuch - Teil 2

Die Anfänge der Lesenotizen zu Frank Goosens Roman sind mittlerweile schon etwas nach unten gerutscht. Bin zur Zeit anscheinend ein bisschen produktiver was die Bloggerei angeht. Daher werd ich die einzelnen Teile mal miteinander verlinken. Hier gehts zum ersten Teil.

So viel Zeit ist, soviel kann ich jetzt nach etwas über 200 Seiten sagen (ja, wie gesagt, ich lese langsam und gemächlich!) ein witzig geschriebener Unterhaltungsroman. Das ist nicht abwertend gemeint, mir gefällt das Buch, vom Hocker reißt es mich allerdings nicht und ich bin auch nicht regelrecht gefesselt. Was man ja auch am Lesefortschritt bereits erkennen kann.

Die 4 Jungs - die sie gerne noch wären mit ihren 40 Jahren und mehr - beschließen also die Rockband zu gründen, von der sie schon im Teenageralter geträumt hatten. Das fünfte Mitglied und damit der unersetzliche Part einer "richtigen Rockband" muss allerdings erst aus Berlin geholt werden. Ole, der schon frühere Kopf der Clique und auch in der Band wieder der heimliche Leader, schlägt sich mittlerweile in Berlin mehr schlecht als recht durchs Leben. Ein Kind mit einer Frau die nichts von ihm wissen will, er selbst lebt in einem Prenzelberger Hinterhaus von Hartz IV, seine Matraze auf zwei Paletten und die Unterhosen noch aus der Teenagerzeit. Irgendwie hört sich das leider ein wenig klischeehaft an und so ist es auch.

An dieser Stelle kann ich auch die anderen mal kurz charakterisieren. Im Jokers Bücher-Wiki schreibt jemand, sie steckten nicht in einer Midlife Crisis. Nun, ein schwammiger, und wie ich finde dämlicher, Begriff ist das ohnehin, aber wenn er irgendeinen Inhalt hat, dann trifft er auf einige der Jungs garantiert zu. Also Midlife Crisis, na klar!
Rainer, gut verdienener Steuerberater, Haus, Ehefrau Brigitte und zwei Kinder (Tocher und Sohn). Eigentlich könnte alles gut laufen, doch Brigitte nagt an zunächst unbegründeter Eifersucht und auch insgesamt wirkt die Familie ein bisschen entfremdet. So fängt Rainer irgendwann eine Affäre mit der Auszubildenen seiner Steuerkanzlei an, wohl um seiner Frau endlichen einen Grund für ihre Eifersucht zu geben. Und zu einem echten Rochstar gehört eben Sex mit jungen Damen genauso dazu wie Zigaretten und Alkohol. Dass sie es drogentechnisch dabei belassen wollen, hatten sie während der Bandprobe entschieden.
Bulle, Arzt in der Krebsstation irgendeines Krankenhauses. Seine Frau Marianne ist vor einiger Zeit selbst an Krebs gestorben. Das frisst an ihm. Er hat seine Frau geliebt, vermisst sie und hat diffuses Schuldgefühle weil er ihr nicht helfen konnte. Seine beiden Töchter leben bei ihm und neuerdings auch der aus Berlin zurückgeholte Ole.
Konrad Beckmann, besser bekannt als Konni, Deutsch- und Religionslehrer (wenn ich mich richtig erinnere). War gerade mitten am Hausbau als seine Frau in wegen eines anderen verlassen hatte. Jetzt sitzt er da, die halbfertige Hütte, ohne Frau und einigermaßen deprimiert. Eine junge Kollegin interessiert ihn ein wenig, doch traut er sich noch nicht so richtig an sie heran.
Und zuletzt Thomas, der etwas jüngere, nicht aus der ursprünglichen Schulclique stammende, aber jetzt treuer Doppelkopfkollege und neuerdings Bandmember von Mountain of Thunder (der verunglückte Name der Band). Er war einmal etwas erfolgreich als Romanschreiber. Doch die Zeiten sind vorbei, jetzt hält er sich mit literarisch wertvollen Bildbeschreibungen für Pornoheftchen oder Internetbildergeschichten über Wasser. Mit seiner wesentlich jüngeren Freundin Corinna läuft es, abgesehen vom Sex, auch nicht besonders. SIe stresst gerne mal rum, wenn er mit seinen Kumpels Doppelkopf spielt und dabei geraucht und getrunken wird.

Und da stehen wir jetzt. Mitten in der Geschichte. So langsam wird das mit der Musik auch was. Mountain of Thunder haben ein paar Stücke drauf und wollen sich demnächst an den ersten Auftritt wagen um sich vorzubereiten auf den großen Gig beim Stufentreffen der alten Gymnasiums.

Wie gereits gesagt, der Roman liest sich gut und ist stellenweise auch richtig witzig. Bietet auch interessante Einblicke in Männerfreundschaften und deren Gedanken und mögliche Probleme im fortschreitenden Alter. Der Kampf gegen das Alter und der Versuch die Jungend zurückzuholen. Was soll das sein, wenn keine Midlife Crisis? Fühlt sich nicht sogar der jüngere Thomas an einer Stelle seltsam, weil er darüber nachdenkt, dass er vielleicht die Hälfte seines Lebens schon gelebt hat ohne bisher großes erreicht zu haben. Er dachte dabei gerade über eine Alternative zu Klitoris und Kitzler nach.
Was mich etwas stört an der ganzen Sache: Es ist alles ein wenig klischeehaft. Die Jungs fahren nach Berlin und bekommen an der Raststätte Ärger mit ein paar Proleten die sie dann jagen und am nächsten Stopp gibt's ne kleine Schlägerei. Ja sicher! Sehr glaubhaft. Aber ein paar Handgemenge dürfen in einer echten Rockband eben auch nicht fehlen!

Soweit bisher, mal sehen was die letzten 150 Seiten bringen...

[und weiter zum Ende, dem 3. Teil]

Mittwoch, 27. Februar 2008

Die Liebe in Zeiten der Cholera...

...oder: Wie Babyface Romeo zum Don Juan wurde! Weltliteratur oder nur eine megakitschige Schmachtschmonzette? Gut, ich habe das Buch nicht gelesen, nur gestern den Film gesehen. Daher darf ich an dieser Stelle nicht über den gleichnamigen Roman von Gabriel García Márquez urteilen, der ganz ohne Zweifel ein herausragender Schriftsteller bedeutender Werke ist. So urteile ich hier nur über den Film den ich gestern gesehen habe.
Ort der Handlung ist Kolumbien Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter Kolonialverwaltung. Und die Story lässt sich auf den einen Nenner "rührselige Kitschromanze" zusammenfassen. Das edelmütige Muttersöhnchen Florentino verliebt sich in Fermina, die Tochter eines dumpfbackigen, tyrannischen Maultierhändlers der leider trotz oder vielleicht gerade wegen seines schlechten Charakters zu einigem Kapital gekommen ist. Dieser Vater bildet sich, ganz nach den gängigen Klischeebildern über Proletariatsreichtum, natürlich ein, seine Tochter müsse in die Aristokratenliga einheiraten um der Familie den ihr nun gebührenden Platz in der Gesellschaft zu sichern. Da kommt so ein lumpiger Schreiber eines Telegraphenamtes natürlich nicht in Frage, so wird alles unternommen um den Beiden die Liebe, die unerträglich und unsterblich geworden ist, obwohl sie sich bisher nur ein paar Briefe hin und her geschoben hatten, zu verwehren. Er schleppt seine Tochter auf's Land zu Verwandten wo sie ihren romantischen Quatsch vergessen soll!
Das macht Fermina dann auch nach gewisser Zeit, Florentino wird ihr in seiner unerschütterlichen Liebe unheimlich und zum 'Schatten'. So heiratet sie dann irgendwann lieber einen wohlhabenden Arzt 'der so gut riecht'! Nicht so unser Romeo, für ihn ist das Leben nur noch eins: die Liebe zu seiner 'gekrönten Göttin' (haha)! So frisst die Sehnsucht an ihm, er wird älter und älter, jedoch spart er sich auf, für den Tag an dem sie endlich die seine ist. Bis seine Mutter eingreift, die irgendwann das Unglück ihres Sohnes nicht länger ertragen kann, ihn von seinem Onkel, der Präsident der Flussschifffahrtsgesellschaft ist, an einen Ort, weit im landesinneren versetzen lässt.
Unterwegs auf dem Schiff kommt es zum Wandel: Der keuscher Romeo wird doch tatsächlich das Opfer einer schandhaften Nymphomanin, dei ihn in ihre Kammer zerrt und ganz dreist vergewaltigt! Was ihm nicht schlecht zu gefallen scheint, versucht er doch später im hin und her Wandeln vor besagter Kabine, die Situation zu wiederholen. Leider ohne Erfolg, die drei Schönheiten die sich dort einquartiert hatten gehen von Bord ohne wieder zuzuschlagen.


Auf geht's zurück, mit Schuldgefühlen geplagt, in die Nähe seiner Angebeteten! Dort wird jedoch bald seine andere Seite geweckt, denn auch in ihm steckt ein rechter Lüstling. So kommt er bis in hohe Alter, fit und aktiv, auf über 600 flachgelegte hübsche Damen, worüber er von Beginn an gründlich Buch führte. So geht's dann fort, sein Leben und das ihre (Ferminas), bis deren Arzt dann doch am Ende vor ihr stirbt - übrigens in einer Szene die auch am Anfang des Filmes steht - und Florentino seinen Tag gekommen sieht. Kurzum schmeißt der 72 jährige die nackte 20 jährige Schönheit aus seiner Hängematte um zur frischen Witwe zu eilen und seine ewige Liebe zu gestehen. Die schmeißt ihn raus und ist empört, was auch sonst. Doch mit seinen Briefen die er ihr in der Folgezeit schreibt gewinnt er erneut ihr Herz, so dass die Liebenden am Ende vereint auf einem seiner Schiffe - mittlerweile hat Florentino die Positon seines Onkels eingenommen und ist damit zu einigem Wohlstand gekommen - romatisch in der Kiste liegen und ewig durch die wunderschönen Landschaften Kolumbiens fahren können! Über das Boot hat der Kapitän extra die Choleraflagge gehisst, so dass die Reise ohne Passagiere und ohne Zwischenstop gehen kann. Hach, wie schön!

Und die Essenz von der Geschicht'? Dass Beharrlichkeit zum Ziele führt!? Na schönen Dank! Auf ein Ziel wie es im Film dargestellt wird, am Lebensende dann doch endlich die Erfüllung zu finden in Vereinigung mit dem ewigen und einzigen Objekt des Verlangens? Nö, viel zu langweilig! Dann doch lieber Erfüllung auf andere Art. Viel mehr ist es ganz schön erschütternd, wie Florentino dann am Ende endlich seine 'gekrönte Göttin', die nackte Fermina, vor sich stehen hat, die dann natürlich ihre Schönheit schon verloren hat. Und auch das zweisame Glück wird nur noch von kurzer Dauer sein.

Daneben streut der Film, entsprechend des Titels noch gelegentlich Sekundeneinblicke in die Zeiten und Schreckens des Bürgerkrieges und der Cholera mit ein. Schließlich muss der Name auch irgendwie noch seinen Sinn tragen. Dies jedoch wirklich nur in winzigen Passagen, es würde ja sonst das herzblutende romantische Gefühl der Zuschauer zu sehr belasten. Wie weit diese Thematik in Márquez' Roman vertieft wird weiß ich nicht und werde es wohl auch nie erfahren. Mit persönlich reicht der gestrige Einblick in das Leben Florentinos und Ferminas. Da nehme ich mir dann doch lieber demnächst das schon lange bei mir auf der Warteliste stehende Hundert Jahre Einsamkeit vor!

Wem der Sinn nach Schmacht und Schmotz steht sollte sich Die Liebe in Zeiten der Cholera ansehen, allen anderen ist dann doch vielleicht eher abzuraten (denen wird meine doch recht ausführliche Zusammenfassung sicherlich ausreichen), da auch die schauspielerischen Leistungen starkt zu wünschen übrig lassen. Wirkt alles sehr gestellt und künstlich. Gefühle werden nur klischeehaft dargestellt. Für Bollywood-Fans jedoch bestimmt genau das Richtige!

Dienstag, 19. Februar 2008

Hörbuchnotizen, Spieltrieb

Neben dem Lesen nimmt noch eine andere Art der Literaturverarbeitung eine immer wichtigere Rolle ein. Diese ist zum einen meist schneller, bequemer und dank immer besserer Umsetzung auch zunehmend genussvoll. Hörbücher gehören genauso zur Literatur wie bedrucktes Papier. Daher will ich hier auch von meinen Erlebnissen beim mehr oder weniger aufmerksamen Lauschen berichten.

Juli Zeh "Spieltrieb"

Dieses Hörbuch war das letzte das ich hörte. Ich wollte das Buch schon seit Jahren mal lesen, hab's dann aber doch immer gelassen mir zu kaufen, da ich ohnehin von einen stets wachsenden to-do Bücherstapel bedroht werde. Also wartete ich und wartete bis mir das Buch früher oder später irgendwann einmal aus einer Mängelexemplar-Kiste entgegenspringen würde. Dies geschah bisher nicht. Dafür hatte ich aber vor kurzem bei einer Bekannten das Hörbuch entdeckt und mir natürlich gleich ausgeliehen.

Das Hörbuch besteht aus 4 CDs und wird durchgehend von der Schauspielerin Sascha Maria Icks mit sehr angenehmer Stimme gelesen. Dies allerdings ziemlich schnell. Anfangs brauchte ich eine Weile bis ich mich an das rasante Lesetempo gewöhnt hatte, da auch die Szenen der Handlung oft ein wenig springen. Aufmerksames Zuhören ist also Pflicht. Und selbst so werde ich mir einiges bestimmt wiederholt anhören müssen.

Die Story selbst und somit der Roman hat mich sehr fasziniert. Die Geschichte im groben kannte ich bereits, schließlich wollte ich das Buch seit Jahren einmal lesen und hatte in dieser Zeit einiges darüber gehört. Protagonistin ist die zum Beginn der Geschichte 13-jährige Ada. Ort der Handlung ist das Ernst-Bloch-Gymnasium in Bonn. Weitere wichtige Personen sind: Alev, ein Mitschüler Adas, Höfi und Smutek, Geschichts- bzw. Deutsch- und Sportlehrer. Daneben noch einige Nebenrollen, wie Adas Eltern, der Schulleiter sowie die Mitschüler Olaf und Odetta.

Ada ist eine unglaublich eloquente und hochintelligente Einzelgängerin. Völlig kühl betrachtet sie ihre Mitmenschen, ihr Leben und sich selbst. Gefühlregungen meint man bei ihr nicht zu finden, sie selbst sagt von sich, sie habe so etwas wie eine Seele nicht. Erst als Alev zum neuen Schuljahr, nun in der Oberstufe, in ihre Klasse kommt, findet sie diesen interessant genug, dass sich eine Art Freundschaft entwickelt. Olaf, ein Typ aus einer Außenseiterclique und Bandmitglied, mit dem sie zuvor eine kurze Beziehung hatte, war für sie mehr ein Objekt, an dem sie sexuelle Erfahrungen machen konnte. Alev scheint ein ähnlicher Charakter zu sein, was ihn ihr interessant macht. Auch er ist sehr intelligent und inszeniert sich im Unterricht von Beginn als als Außenseiter und Provokateur. Die beiden beginnen mit provozierenden Kommentaren mit dem Lehreren zu spielen. Besonders mit dem Geschichtslehrer Höfi, dem das geistige Kräftemessen gefällt.
Alev ist es dann auch der ihr von seinen Spieltheorien erzählt und sie auffordert ein gemeinsames "Spiel" mit dem Lehrer Smutek zu spielen. Er gewinnt sie schließlich dafür, indem er ihr ein paar Vorhersagen macht, und er dann das Geschehen so arrangiert, dass diese auch eintreten. Die beiden entschließen sich Smutek zu verführen, die Situation mit der Kamera einzufangen um ihn dann in der Hand zu haben, was ihnen dann auch gelingt.
Ada hatte zuvor auf einem Schulurlaub Smuteks, zunehmend von einer psychischen Krankheit geplante Frau, aus einem gefrorenen See gerettet. Seitdem fühlt sich Smutek auf irgendeine Weise für Ada verpflichtet und zu ihr hingezogen. So ist es für sie leicht, ihn für Alevs "Spiel" zu gewinnen und ihn sexuell zu verführen.

Während dieses Spiels zeigen sich bei Ada jedoch doch gewissen emotionale Regungen. Alev dagegen bleibt völlig kalt, ihm bereitet sein eigener zynischer Sadismus offensichtliche Freude. Sie dagegen empfindet zunehmend Mitlied mit Smutek und will ihn aus diesem Spiel herausholen. An einer anderen Stelle ist ein Anflug von Eifersucht auf Odetta zu erkennen, als sie vermutet Alev, der von sich selbst behauptet impotent zu sein, könnte auch zu ihr eine enge Freundschaft pflegen. Um Smutek zu retten, will Ada aus dem Spiel aussteigen. Alev will sie zum weiterspielen zwingen, woran sich zeigt, dass ihm das Spielen die einzige Erregung bereitet, während auch Ada für ihn kaum mehr als eine Figur auf seinem geistigen Schachbrett ist.
Ada kommt jedoch nicht mehr zu den erpressten Verabredungen mit Smutek, woraufhin dieser, von Ada bereits über ihren Ausstieg informiert, seine gewonnene Stärke erkennt und Alev verprügelt. Auch dieses Ende des Spiels scheint Alev als interessante Überraschung und Wendung zu betrachen und unternimmt nichts um sich zu wehren.

Es kommt zur Gerichtsverhandlung, bei der sowohl Alev als auch Smutek angeklagt sind. Ada, als das sexuell misshandelte Opfer nimmt bloß eine Zeugenrolle ein. Die Richterin Sophie, die vor Beginn der Verhandlung kurz vorgestellt wird, erweist sich in der knappen Charakterisierung als eine ähnlich gefühlskalte und nihilistische Person wie Ada, was für den Ausgang der Verhandlung von entscheidender Rolle ist. Nachdem Ada eine vorbereitete und durchdachte Aussage macht, die viel mehr einem Plädoyer ähnelt, ist die Richterin so von der Sache fasziniert, dass sie die beiden Angeklagten mit jeweils viel zu geringen Strafen in die Freiheit entlässt.

Nun das Ende: Ada trifft Alev ein letztes Mal. Beide versichern sie sich, sie hätten auf ihre je eigene Art, einander geliebt. Alev wird das Land verlassen und woanders weiter aus die Schule gehen. Er beabsichtigt weiterhin seine sadistischen Spiele mit Menschen zu spielen und prophezeit ihm und Ada ein Wiedersehen falls diese mit 40 noch immer allein sei. Smutek und Ada dagegen fühlen sich einander durch die Geschichte verbunden, er jedenfalls liebt sie, was sie für ihn empfindet bleibt offen. Liebe ist es jedenfalls sicherlich nicht. Vielleicht die kleine Hoffnung dem Leben doch noch eine Seele entlocken zu können. Die beiden brennen gemeinsam durch und verschwinden in den weiten der Welt!

Soviel zum Inhalt, es bleibt die Bewertung: Die Story ist faszinierten, intelligent, erschreckend und fesselnd zugleich. Wie in den meisten literarischen Darstellungen von Kindern und Jugendlichen werden zwar Ada und Alev reichlich unrealistisch für das entsprechende Alter gezeichnet, aber das kann der Faszination der Geschichte keinen Abbruch tun. Jugendlich handelt Ada außerdem allemal, auch wenn ihre Eloquenz und ihr Scharfsinn mit überdurchschnittlicher Intelligenz nicht zu erklären sind. Trotzdem, die Radikalität ihres Denkens, ihr Absolutheitsanspruch der eigen Wahrnehmungswelt, sind einem jugendlichen Geist durchaus typisch. Nihilismus als eine jugendliche Tugend?

Freitag, 15. Februar 2008

Aktuelles Buch: So viel Zeit


Nebenbei habe ich vor ein paar Tagen mit der Lektüre von Frank Goosens neuem Roman So viel Zeit begonnen. Nach mehreren "Altherrenbüchern" musste jetzt mal wieder "Popliteratur" her! Obwohl ich mir jetzt, nach hundert Seiten, doch nichtmehr so ganz sicher bin, ob es nicht trotzdem eine Geschichte von angehenden Altherren ist, die Goosen hier erzählt. Nein, so schlimm ist's nicht, und das Buch läßt sich auch ganz gut an. Es geht um ein paar Jugendfreunde, die jetzt mitten in den Vierzigern stecken, beruflich zwar fast alle erfolgreich aber im Privaten teilweise ziemlich frustriert sind. So kommt es, dass sie zunehmend von der berüchtigten Midlife Crisis gebeutelt werden und sich bei ihren rituellen Doppelkopfabenden in den Kopf setzen, sie sollten es vielleicht doch nochmal mit ihrer Jugendidee einer Rockband versuchen. Auf geht's - Schotter haben die meisten von ihnen genug - zum nächsten Musikladen und Equipment kaufen.

Was daraus wird, wir werden sehn. Ein Problem haben die Freunde Konni, Rainer, Bulle und Thomas, der etwas jünger als die anderen ist und nicht zur unsprünglichen Jungendclique gehört, jedoch: Ole, der ehemalige Mittelpunkt des Freundeskreises ist weg, in Berlin, und die anderen haben schon eine ganze Weile nichts mehr von ihm gehört. Und eine richtige Rockband besteht nicht aus Vieren, sondern hat 5 Members!

Wie zuletzt beim neuen Philip Roth, werde ich wieder in lockerer Folge in einem Lesetagebuch eine kurze Inhaltsangabe und meine sonstigen Erlebnisse bei der Lektüre notieren.

Grad hab ich hier beim Literatur-Café noch ein Podcast zum Buch gefunden. Frank Goosen im Interview auf der Buchmesse 2007. Außerdem bei Focus Online eine sechsteiliger Viedopodcast über den Roman und Aufnahmen, die den Autor beim Vorlesen im Studio zur Hörbuchausgabe zeigen.

[weiter zu Teil 2]

Mittwoch, 28. Februar 2007

Aktuelle Lektüre


Philip Roth - Der menschliche Makel
Der Roman zur Unterhaltung. Übrigens der erste, den ich von Philip Roth lese. Sehr fesselnd und interessant. Super geschrieben. Mehr davon gibt's demnächst...