Freitag, 15. August 2008

Samstag, 9. August 2008

Mittwoch, 2. Juli 2008

Wohlgesinnte Zadie Smith, Sommerpause, oder was?


Ja, ganz so ähnlich sieht es aus! Auf den drei Blogs, die ich in meinem Übermut zu bedienen gedachte (und auch immer noch gedenke) herrscht schon seit ner Weile etwas Stille. Muss auch mal sein! In der Tat hatte mich zwischenzeitlich die Muße etwas verlassen, jetzt im Sommer sowieso. Aber es wird schon wieder einmal was passieren. Muss ja nicht nur des ständigen Postens willens hier schreiben. Lohnt sich also doch, diesen und die beiden anderen Blogs, im RSS-Reader zu belassen.

Von der Schönheit
hab ich übrigens - wer hätte es gedacht! - schon ne ganze Weile durch. Gut war's soviel kann ich sagen. Unterhaltsam, komisch und durchaus auch intelligent, gesellschaftskritisch. Mehr vielleicht ein andermal, wenn ich mir die Handlung wieder etwas genauer ins Bewusstsein hole. Genau diesen Zweck sollte der Blog übrigens primär haben: Mir selbst Gelesenes besser und länger insGedächtnis brennen. Mit ständiger Möglichkeit der Retrospektive, an der bei Interesse auch andere teilhaben können.

Meine zweite literarische Schwarte hab ich jedoch noch immer in der Mangel. Die Wohlgesinnten von Jonathan Littell. Da war ich zwischendurch doch etwas faul. Und außerdem ist das Buch einfach zu schwer zum mitnehmen. Da ich dann doch oft nicht zuhause bin, liegt es eben hier dann, wartet und wartet. Doch nichtsdestotrotz, ich bleibe dran. Erst vor zwei Tagen las ich wieder 30 Seiten...

Neue "leichte" Lektüre ist jetzt seit ein paar Tagen: Kiran Nagarkar, Gottes kleiner Krieger.

Samstag, 19. April 2008

Neues Buch: Zadie Smith, Von der Schönheit

Bin zwar bei Littells Die Wohlgesinnten noch nichtmal ganz bei der Hälfte, habe aber trotzdem vor ein paar Tagen einen weiteren Roman begonnen, der schon seit über einem Jahr wartend bei mir im Regal steht. Und zwar, wie in der Sidebar zu sehen ist Von der Schönheit von Zadie Smith. Vor kurzem übrigens auch als Taschenbuch erschienen.

Die Wohlgesinnten sind einfach eine sehr anstrengende Lektüre, teilweise eine echte Qual, der ich mich nicht immer aussetzen will. Manchmal sehr zäh und schleppend, dann wieder abstoßend grausam und immer wieder geschichtliche Fakten und Taten, die mich dazu veranlassen, das Buch wegzulegen um in historischen Fachbüchern die genaueren Geschehnisse zu erfahren.

Daher der Zweitroman zur Entspannung. Als hätte ich nicht schon genug Bücherstau, allein für die Uni. Haha. Das geht eben dann auch nicht immer. So will ich also auch über den "Entspannungsroman" hier in nächster Zeit mehr oder weniger ausführlich berichten...

Donnerstag, 17. April 2008

Langeweile ohne Internet?

Boah, noch immer noch kein Internet im neuen Heim! Das dauert vielleicht, bis die Telekom sich mal bequemt den Anschluss freizugeben. Unverschämtheit eigentlich. So macht das Bloggen natürlich nur halb soviel Spass, daher auch die doch etwas seltenen Beiträge im Moment.

Ein gutes hat's trotzdem: Internet frisst sehr viel Zeit, die so ein wenig mehr anderen Dingen zukommt. Beispielsweise dem dicken Wälzer den ich hier gerade durcharbeite. Bald gibt's Neues....

Mittwoch, 9. April 2008

Goldhagen über deutsche NS-Mörder


Wie bereits angekündigt möchte ich meine Arbeit an dem Roman auch als Gelegenheit Nutzen, ein bereits seit einigen Jahren wartendes Vorhaben anzugehen: die Lektüre von und Beschäftigung mit Daniel Goldhagens Studie über die Täter des Holocausts.
Max Aue, bevor er zur detailreichen und schockierenden Darstellung, des im letzten Beitrag erwähnten Massakers von Babi Jar übergeht, hatte seine eigenen Überlegungen über die verschiedenen Tätercharaktere angestellt. Sich selbst hatte er dabei im Übrigen zunächst ausgelassen. Um mir selbst die nur schwer erträglichen Szenen dieses Romans „erklären" zu können, will ich nun die wohl umfassendste Studie, die über die Täter des Holocausts existiert, in Auszügen dokumentieren.

Daniel Jonah Goldhagen widerlegt im 15. Kapitel seines Buches mehrere Erklärungsmuster, mit denen, entweder Täter ihre persönliche Schuld zu relativieren oder auch Historiker in der Aufarbeitung des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen zu erklären versuchten, was eigentlich schier unmöglich zu verstehen erschien. Außerdem teilt er vier Handlungstypen nach den Kategorien, ob nach Befehl und/oder auf grausame Weise getötet wurde oder nicht.
Er stellt zunächst fest, dass die Deutschen den Juden, nicht nur in Ausnahmefällen, größeres Leid zugefügt hatten, als es den Befehlen nach notwendig wäre (1998: 441). Er wurde häufig sinnlos und zum bloßen Vergnügen gequält, erniedrigt, gefoltert und gemordet. Wie auch in Littells Roman dargestellt, wurden Fotos von den Torturen und Morden gemacht, mit denen stolz geprahlt wurde (1998: 443).
Ein erster Erklärungsansatz war, die Deutschen hätten auf Zwang hin gehandelt, aus Angst vor Bestrafung oder Hinrichtung bei Befehlsverweigerung. Goldhagen stellt ausführlich dar, dass keinerlei Beweise vorliegen, die solche Behauptungen stützen würden, obwohl während der Nürnberger Prozesse umfassend danach gesucht wurde. Dagegen liefert er mehrere Beweise dafür, dass es durchaus möglich war, sich dem Morden zu widersetzten. Kein Deutscher wurde demnach während des Holocaust hingerichtet oder schwer bestraft weil er den Mord an Juden verweigert hätte. Es lasse sich nachweisen, dass Tätern in allen Einheiten die Möglichkeiten einer Versetzung gegeben waren. Für die SS gab Himmler den ausdrücklichen Befehl, denjenigen, die sich den Strapazen nicht mehr gewachsen sahen, die Versetzung zu ermöglichen und sich in die Heimat versetzten zu lassen (1998: 445).
Eine zweite Behauptung, Menschen und insbesondere die Deutschen würden zu starkem Befehlsgehorsam neigen, lässt sich entkräften, da während der Weimarer Zeit durchaus subversive Strömungen vorhanden waren. Während der NS-Zeit wurde Gehorsam gerade dahingehend verweigert, dass gegen ausdrücklichen Befehl an der Folter und dem Mord an Juden teilgenommen wurde (1998: 446ff)! Gegen kirchenpolitisch Maßnahmen und das „Euthanasieprogramm" gab es Widerstand und Protest, wieder nicht auch gegen den Judenmord (1998: 448)?
Auch die Erklärungsansätze, die Deutschen hätten aus Karrierestreben „mitgemacht", die Vernichtungsmaschinerie wäre angeblich so fragmentiert, dass Einzelne den Umfang ihrer Taten gar nicht erfassen könnten, sowie den Versuch, die breite Mittäterschaft aus Gruppenzwang bzw. Gruppendruck zu erklären, widerlegt Goldhagen. Wäre die überwiegende Bevölkerung gegen die Judenvernichtung, würde der Gruppendruck schließlich dieser entgegenwirken und nicht andersherum(1998: 449)!

All diese konventionellen Erklärungsansätze würden das Wesentliche, das Spezifische des Holocaust weglassen, und die Taten der Deutschen so behandeln, als ob jedes andere Volk in ähnlicher Situation genauso gehandelt haben könnte. Jedoch sei gerade das Spezifische, die Kultur, Gesellschaft und Politik, die Identität der Deutschen als Volksgemeinschaft wesentlich zum Verständnis. Außerdem sei insbesondere auch die Identität „der Juden", deren Bild im Bewusstsein der Deutschen, entscheidend.
Nach Goldhagen lasse sich die Brutalität, die Grausamkeiten, die „ganz gewöhnliche Deutsche", auch ohne Befehl und nicht in Ausnahmen sondern in unzähliger Gleichartigkeit immer und immer wieder, im Umgang mit den Juden zeigten, nur erklären über einen „tiefsitzenden Haß, wie ihn kaum jemals ein Volk einem anderen gegenüber empfunden haben dürfte" (1998: 456).

„Zu einer solchen Interpretation gelangt man nur, wenn man von einem dämonisierenden Antisemitismus ausgeht, der in Deutschland eine bösartige rassistische Form angenommen und die kognitiven Modelle der Täter sowie der deutschen Gesellschaft insgesamt bestimmt hat. Die deutschen Täter waren demnach mit ihrem Tun einverstanden. Es handelte sich um Männer und Frauen, die ihren kulturell verwurzelten, eliminatorisch-antisemitischen Überzeugungen getreu handelten und den Massenmord für gerecht hielten" (1998: 460).


Die Deutschen waren also, nach Goldhagen, so sehr von ihrer völlig irrationalen Wahnvorstellung, „die Juden" seien tatsächlich der Inbegriff des Schlechten und Bösen überzeugt, dass sie in ihnen nicht mehr die Menschen als Opfer sondern nurmehr die zwingende Notwendigkeit ihrer Vernichtung zum Schutz des eigenen Volkes sahen. So waren die Juden also völlig den sonst geltenden moralischen Grundsätzen enthoben, die „Vergeltung" als gerechte Strafe für Dinge, die allein im kranken Bewusstsein der Deutschen Antisemiten existierten (1998: 465).

Goldhagen gibt als Beispiel für dieses umfassende kognitive Modell der Deutschen, die Gerichtsaussage eines Täters bei den Nürnberger Prozessen wieder: „Die Männer der Einsatzkommandos haben wirklich geglaubt, daß der Bolschewismus, der Deutschland in einen apokalyptischen Krieg verwickelt habe, ‚eine jüdische Erfindung darstelle und nur den Interessen des Judentums diente’" (1998: 460). Eine Aussage, der Max Aue in Littells Roman widerspricht. Dort ist an mehreren Stellen davon die Rede, dass Mitglieder der SS sehr wohl davon wüssten, dass der Bolschewismus nicht mit dem Judentum übereinstimme.
So wird für Goldhagen, das was in jeder Hinsicht nur als völlig perverser, irrationaler Sadismus erscheint, ein „rationales" Produkt des eliminatorischen Antisemitismus der Deutsche. Ein „Charakteristikum des Völkermords […] ist die Bereitwilligkeit, mit der die Deutschen, ob Täter oder nicht, verstanden, warum man von ihnen die Tötung der Juden erwartete" (1998: 472).

Soweit Goldhagens Analyse des deutschen Bewusstseins zur NS-Zeit bisher. Es handelt sich lediglich um eines von 16 Kapiteln aus einer ausführlichen Studie. Für mich selbst sind hier noch viele Fragen offen, also werde ich weiterlesen und hoffe so ein paar Antworten zu finden. Beispielsweise ist es - aus meiner heutigen Perspektive - schwer vorstellbar, wie wirklich eine gesamte Gesellschaft, oder zumindest ein so überwältigender Teil davon, dass die restliche Minderheit kein Gewicht im Geschehen und der späteren historischen Aufarbeitung haben konnte, derart, in eine zutiefst irrationale und erlogene Ideologie konditioniert werden konnte. Wie konnte es dazu kommen? Ich hoffe in den ersten drei Kapiteln von Goldhagens Buch einige Hinweise zu bekommen.

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Goldhagen, Daniel J. (1998): Hitlers willige Vollstrecker

Mittwoch, 2. April 2008

Die Wohlgesinnten, Lesetagebuch - Teil 3

[zurück zu Teil 2]


Vor zwei Tagen bin ich in meiner Lektüre zunächst auf Seite 159 stecken geblieben, nachdem auf den letzten 100 Seiten – wie soll das nur auf den folgenden 1200 Seiten weitergehen? – pausenlos aufs grausamste massakriert und gemordet wurde. Von den Deutschen begründet mit den perfidesten Lügen und Verleumdungen.

Eins ist jedenfalls schon jetzt klar: Es hat überhaupt keinen Sinn, diesen Roman in der sonst üblichen Weise einer knappen Inhaltszusammenfassung darzustellen. Jedenfalls nicht in der relativen Vollständigkeit die ich sonst gewählt hatte. Andererseits glaube ich trotzdem schon zu erkennen, dass der Roman nicht jenes vernichtende Urteil verdient hat, welches ein Großteil der Kritikerinnen und Kritiker des deutschsprachigen Feuilletons dafür hatten. Die ernsthafte Beschäftigung damit kann sehr wohl lohnend und nützlich sein!

Wie gesagt, ich hatte meine Lektüre unterbrochen. Und zwar um mich nach dieser Aneinanderreihung von Grausamkeiten, gespickt mit Aues perversen Gedankengängen, ein wenig mit „Sekundärliteratur“ zu beschäftigen. Auslöser war der, vom zurückgekehrten Standartenführer Bobel überbrachte, Befehl, ab jetzt seien alle Juden zu töten (S. 143f). Gemeint war: nicht nur die Männer sondern auch Frauen und Kinder! Außerdem Aues Einteilung der Mörder in drei verschiedene Charaktertypen (S. 153).

Also zog ich Michael Burleighs Gesamtdarstellung des Nationalsozialismus und Daniel J. Goldhagens Hitlers willige Vollstrecker aus dem Bücherregal um mich ein wenig mit den historischen Fakten zu beschäftigen. Zwar wurde in einigen Rezensionen bereits auf Littells akribischen Umgang mit diesen hingewiesen, ich möchte aber die Arbeit an den Wohlgesinnten dazu nutzen, mich selbst tiefgreifender mit den Verbrechen der Nazis zu beschäftigen.

Die Lektüre der Abschnitte „Verbrechen ohne Krieg“ aus dem siebten und „Der Mord an den sowjetischen Juden“ aus dem achten Kapitel von Burleighs Buch bestätigt die Aussagen der Rezensenten. Burleigh schreibt, von der Propagandalüge, die den Bolschewismus den Juden zuschreibt. Allerdings auch, dass diese Lüge von vielen Tätern als das erkannt wurde was sie war. Auch herrschten keineswegs immer strikte Weisungen, wie mit der jüdischen Bevölkerung zu verfahren (wie zynisch das klingt, angesichts dieser Verbrechen!) sei. Die Einsatzkommandos hatten durchaus einige Interpretationsfreiheit bei den Befehlen.

SS und Wehrmacht arbeiteten, nach Burleigh, an der Ostfront oft Hand in Hand. Also von wegen „saubere Wehrmacht“, wie es in der Vergangenheit immer wieder als Argument der Schuldabweisung gebraucht wurde.



Seit ich den oberen Abschnitt geschrieben habe sind ein paar Tage vergangen, den ich, da ich im Moment zuhause kein Internet habe, bisher noch nicht veröffentlicht hatte. Mittlerweile habe ich Die Wohlgesinnten ein wenig weitergelesen und habe herausgefunden, wie es auf den folgenden Seiten weitergeht.

Nachdem von der Roten Armee (?) im eingenommenen Kiew Sabotageakte verübt wurden, beginnt die deutsche Propagandamaschine wieder zu arbeiten. Juden sollen die Drahtzieher des Bolschewismus sein und daher auch die Schuldigen für die Brandanschläge. Was daraus wird ist das grausamste und erschütternste was ich jemals gelesen habe. Von den 150.000 in Kiew lebenden Juden sollen 50.000 in einer „Vergeltungs- und Vorbeugemaßnahme“ liquidiert werden. Es handelt sich um das am 19. September 1941 verübte Massaker von Babyn Jar. Die Durchführung dieser völlig surreal wirkenden Szenerie wird in voller Bandbreite und in all ihrer Perversität geschildert. Ob die Beschreibung solch einer Szene wirklich nötig war, um zu zeigen welch fürchterliche Verbrechen vom deutschen Nationalsozialismus begangen wurden, ich weiß es nicht!

Während die gutgläubigen Opfer der Lüge einer vorgesehenen Umsiedlung glauben und so freiwillig in die Arme Tätern gehen, betäuben sich diese im Rum, um dann zu morden und zu schlachten.

Vor ein paar Wochen habe ich Jean Amérys Essay Jenseits von Schuld und Sühne als Hörbuch gehört, worin er, als er von dem Gebäude in Belgien berichtet in dem er vom SD verhört und gefoltert wurde, den Satz schreibt: „Geschäftszimmer, jeder ging an sein Geschäft und ihres war der Mord.“


"Unermüdlich, methodisch fuhr der von uns eingerichtete gigantische Apparat damit fort, diese Menschen zu vernichten. Es schien nie aufzuhören. Seit den Anfängen der menschlichen Geschichte war der Krieg stets als das größte aller Übel wahrgenommen worden. Doch wir, wir hatten etwas erfunden, neben dem der Krieg richtig und rein erschien, etwas, dem schon jetzt viele dadurch zu entgehen suchten, dass sie sich in die elementaren Sicherheiten von Krieg und Front flüchteten. Selbst die wahnwitzigen Schlächtereien des Ersten Weltkriegs, die unsere Väter und einige unserer älteren Offiziere miterlebt hatten, erschienen fast sauber und gerecht gegenüber dem, was wir in die Welt gebracht hatten. Ich fand das außerordentlich. Mir schien es etwas ganz Entscheidendes zu sein, etwas, was mir, wenn ich es verstünde, erlauben würde, alles zu verstehen und mich endlich auszuruhen."

Dies, Aues Gedanken als er sich mit warmem Tee und Zigarette eine kurze Unterbrechung in seinem "Geschäft" gönnt.

Montag, 24. März 2008

Die Wohlgesinnten in der Blogosphäre

Hätte ich mir eigentlich denken können! Eben habe ich mal die Google-Blogsuche mit dem Titel des Romans bemüht um zu sehen was andere schreiben, und siehe da, noch einige andere verfolgen gerade das gleiche Projekt. Müssen einem aber auch alles nachmachen! ;)

Hier erstmal eine kleine Auswahl. Lesen muss ich die einzelnen Beiträge selbst noch, daher noch keine inhaltlichen Kommentare an dieser Stelle:

Der Blog Die Dschungel. Anderswelt. beginnt seine Lesenotate mit diesem Beitrag. Bei Salomes Bücher beginnt Esther hier ihr Lesetagebuch. RomArtLog liest nicht selbst, verweist aber in zwei Beiträgen auf die verschiedenen Pressereaktionen. Ein positives Urteil über den Roman kann man auf dem Blog im blickfeld lesen.

Lesetagebuch, Max Aue trifft Thomas (S. 79)

Da der Roman Die Wohngesinnten sicherlich wesentlich mehr Einträge erfordert, als die bisher besprochenen Bücher, verzichte ich darauf, immer alle vergangenen Beiträge zu verlinken. Lediglich einen Verweis zum letzten und am Ende zum folgenden wird es geben. Zwischendurch, oder nach der gesamten Bearbeitung gibt's dann ein zusammenfassendes Inhaltsverzeichnis!

Es ist eklig und makaber! Während nebenan vergewaltigt, gefoltert und gequält wird, sitzt Max Aue mit einem Hauptmann beim Kaffeeplausch oder trifft sich mit anderen zu gutem Essen und Wein, wobei sie über den "gerechten Volkszorn" lachen (S. 93). Gemeint sind die Massaker an Juden und Bolschewiken zu denen die Ukrainer von den Deutschen angestachelt wurden. Hier trifft die Aussage, das Werk sei pornographisch, ganz gut!

Max Aue trifft Thomas, den er aus Berlin kennt und mit dem er gemeinsam in Frankreich war. Am Verhältnis der beiden lässt sich Aue ein wenig charakterisieren. Er wird als ehrlich und pflichtbewusst dargestellt. Ein Naivling, der seinen Dienst gut tun will und nicht damit rechnet, dass "man augerechnet Juristen auswählen würde, um Menschen ohne Prozess zu umzubringen" (S. 88). Hat nicht Max Aue im Prolog noch gesagt, er wolle keine Rechtfertigung und Entschuldigung seines Handelns abgeben?
Der Antisemitismus, so vermittelt es Littell, wird bei ihm rein durch der Propaganda seiner Vorgesetzten geweckt, da den Juden für alle möglichen Dinge die Schuld gegeben wird. Solche Züge verstören mich als Leser. Einerseits weiß ich, dieser Mensch ist ein skrupellloser Massenmörder, andererseits lese ich seine Geschichte, immerzu aus seiner persönlichen Perspektive, komme also gar nicht umhin mit seinen Augen zu sehen.

Thomas, der alte Kamerad, dessen Erscheinen den Icherzähler zu einem Rückblick veranlasst, ist nichts anderes als eine karrierefixierte Nazisau! Er hat keine Probleme mit der Wahrheit, schreibt seinen Bericht über Frankreich, anders als Aue, so wie Heydrich ihn gerne zu hören bekommt. Dafür wird er mit Beförderungen und "guten" Posten belohnt! Später holt er dann Aue für den Russlandfeldzug wieder ins Boot. "Du wirst sehen, es wird lustig." sagt er zu ihm. Lustig!? Aue, in seiner postfaschistischen Reflektion: "So vergrößert der Teufel sein Reich, so und nicht anders." (Beides S. 88). Auch darin wieder ein trickreicher und professioneller Griff des Autors Littell, dem Leser einen Funken Sympathie für den Mörder zu suggerieren.

Max Aue bewundert Thomas, fühlt sich zwar manchmal verletzt von dessen Zynismus, andererseits empfindet er im auch häufig erfrischend. Das übrigens, Aues Gedanken, als Thomas ihm kurz zuvor über die tatsächlichen Umstände der Pogrome aufgeklärt hatte. Thomas Hauser hatte er kennengelernt, als er in Berlin beinahe wegen seiner Homosexualität Probleme bekommen hatte. Thomas musste ihn nur etwas erpressen, ihm die bevorstehenden Unannehmlichkeiten darlegen, und Aue entschloss sich zum Eintritt in den SD.

[weiter zum 3. Teil]

Sonntag, 23. März 2008

Top 100 der Musikvideos


Markus Kavka präsentiert im Magazin Zuender der Zeit seine Top 100 der Musikvideos, die man sich auch alle auf YouTube anstehen kann. Sehr schöne Sammlung! Viel Spaß beim gucken...

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Bildquelle: www.zeit.de

Die Wohlgesinnten, Lesetagebuch eröffnet!

Über kleine Umwege, die mich auch durch Charlotte Roches Feuchtgebiete führten, beginne ich nun endlich, wie versprochen, mit der Lektüre von Jonathan Littells vieldiskutiertem Roman. Genauer gesagt, ich habe bereits vor drei Tagen damit begonnen. Das sind dann die beiden aktuellen Skandalromane hintereinander. Freilich Skandale ganz verschiedener Art!

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, in welcher Form ich mein Lesetagebuch in diesem Fall gestalten werde. Sonst hatte ich immer kurz den Inhalt wiedergegeben und dazwischen meine persönlichen Eindrücke und Leseerfahrungen platziert. Das ist zum Einen wegen des mächtigen Umfangs von Littells Roman schwierig. Vor allem aber, weiß ich nicht, ob ich, angesichts der schrecklichen Verbrechen, die in dem Buch minutiös geschildert werden, und der Tatsache, dass der Protagonist selbst einer der Verbrecher und Mörder ist, mit dieser, gewohnten Form der Darstellung einverstanden sein kann und ob sie mir sinnvoll erscheint. Ich denke da werden sich einige Konflikte auftun. Trotzdem möchte ich das Buch behandeln. Als literarisches Werk, aber auch in Bezug auf die Verbrechen des Holocaust, die hier als fiktive Erzählung erscheinen. Ich werde es als work in progress selbst erfahren müssen.

Der Roman Die Wohngesinnten beginnt mit einer Vorrede, von Littell Toccata genannt, des altgewordenen Max Aues. Wie in einem einzigen, teilweise wirren Gedankenstrom berichtet der Icherzähler, wieso er jetzt im Alter, wo er doch beruflich gefestigt und unbescholten, seinen Posten in einer französischen Fabrik hat, diesen Lebensbericht schreiben möchte. Er will sich nicht entschuldigen, nicht rechtfertigen, nicht erklären, das sagt er, doch genau das versucht er. Indem er jede persönliche Schuld von sich weißt, darauf besteht, dass jeder andere auch so gehandelt hätte. Er schweift über die Philosophie, über seine pedantischen Rechnereien, wie viele Tote der Krieg pro Woche, pro Tag, pro Stunde und Sekunde gefordert hatte, hin und her, persönliche Erfahrungen gemischt mit allgemeinem Gerede. Und immer wieder: Ich bin wie Ihr!

Jetzt werden wir LeserInnen hineingeworfen in das Kriegsgeschehen der Ostfront, und mit uns, so erscheint es, einige junge und unerfahrene SS-Offiziere unter denen sich Max Aue befindet. Nahe bei Lemberg, zu Beginn des Kriegs gegen die Sowjetunion, soll ihnen das Töten gelehrt werden. Schon hier, erschreckende, grausame Szenen: Ein Massaker hat stattgefunden, ob von der Sowjetarmee oder der Wehrmacht verübt, die Juden sollen es gewesen sein, und für jeden Toten soll einer erschossen werden. Zu zweit, kein Schütze soll sich persönlich verantwortlich fühlen. Die will auch keiner übernehmen. Als der Standartenführer Bobel im Fieber, betrunken ausrastet und ins Krankhaus gebracht wird, will keiner das Kommando übernehmen.
Für den "Vergeltungsakt", die Erschießung von über tausend Menschen, sollen diejenigen genommen werden, die sich freiwillig auf die Plakataushänge melden, die zur Versammlung der ansässigen Juden aufrufen. Max Aue findet das ungerecht! Die Feiglinge kommen davon, diejenigen aber, die guten Willens "den Worten des Deutschen Reichs glaubten" würden sterben! Auch, dass er selbst den Befehl erhalten hatte, nach Lemberg zu fahren um beim Brigadeführer Befehle zu empfangen, wurmt ihn, da er sich seiner Verantwortung nicht entziehen möchte. Wenn Erschießungen stattfinden sollen, will er sich der Pflicht stellen!
Dagegen fährt er am frühen Morgen nach Lemberg, das wenige Tage zuvor von der Wehrmacht eingenommen wurde. Blutige Szenen werden dargestellt, Menschen werden gequält und vergewaltigt, Häuser wurden geplündert. An einer armendischen Kirche vorbekommend, bittet ihn ein Priester um Hilfe, da Ukrainer über in der Kirche Schutz suchende Juden hergefallen sind. Aue tut nicht viel, jedoch erreicht der Priester mit seiner Anwesenheit das Ende der Torture. Für die meisten zu spät. Aue hilft einen schwer verletzten Menschen auf eine Bank zu legen, spricht kurz mit dem Priester, dann wendet er sich ab und geht weiter.

[weiter geht's hier]

Freitag, 14. März 2008

So viel Zeit, vorbei....

Nun mal wieder, soviel Zeit muss sein, zurück zu Frank Goosens Roman. Hier geht’s zum ersten und zum zweiten Teil meiner bisherigen Lesenotizen.


Anscheinend hatte ich, ganz unbewusst, beim letzten Mal meinen Lese- und Berichtstopp genau an der richtigen Stelle gemacht. Zumindest für mein persönliches Empfinden. Zwar war auch vorher die Story interessant und unterhaltsam, aber ich konnte und wollte doch nicht ganz verbergen, dass es mir im ganzen doch ein bisschen zu sehr inszeniert und gekünstelt wirkte.


Genau an der Stelle jedoch, an der ich nach meinem Umzug das Lesen wieder aufgenommen hatte (es war Kapitel 25) gewinnt der Roman noch mal richtig an Fahrt und wird im letzten Drittel ziemlich toll. Seltsam eigentlich! Ich war bisher der Ansicht, wenn die ersten 100 Seiten es nicht packen wird es auch der Rest nicht schaffen. Obwohl ich trotzdem leider zu oft dazu neige, etwas Angefangenes auch zu Ende bringen zu wollen. Also, beim Lesen von Romanen, woanders kann standhafte Ausdauer doch ziemlich hilfreich sein. Nun bei der Fülle von Romanen frage ich mich oft, wieso ich eigentlich noch immer an demjenigen lese, der mich doch schon seit Tagen quält! Ganz schön mutig Herr Goosen! Ich kann nur allen empfehlen in diesem Fall, auch wenn es einigen auf den ersten Seiten ähnlich gehen mag wie mir, weiterzulesen, das Ende wird sich lohnen. Für mich jedenfalls. Ich wäre froh dazu auch die Meinung von anderen zu hören.


Und woran liegt’s? Geändert hat sich doch eigentlich nicht viel. Noch immer versuchen ein paar Mittvierziger mittels einer Rockband ihre verblasste Jugend wieder zu beschwören. Aber genau das wird eben jetzt auch im Roman zum Thema. Das genau dieses zurückholen der Jugend eben so nicht geht. Und so werden die Jungs dann doch noch authentisch. Rainer bekommt von seinem Sohn David eine Belehrung, dass das alte Rocker-Shirt aus Teeny-Zeiten gar nicht geht, und sieht es ein.
Kurz darauf die ersten Auftritte. Alles nur Übung für den einen Großen: Das Klassentreffen! Aber egal! Der erste läuft gleich wie geschmiert. Was nicht an der Qualität der Musik liegen muss, sondern viel mehr an der Dumpfheit der Bespielten. Ein Tennisclub erhält die Ehre! Aber immerhin! Bulle landet gleich ganz schwer bei einer Dame namens Angelika und fängt mit ihr was an. Nicht ohne Schwierigkeiten, da noch immer Schuldgefühle gegenüber seiner an Krebs gestorbenen Frau an ihm nagen.
Mittlerweile hat sich bei Konni zuhause – der übrigens anders als zuvor einmal vermutet katholische Religion und Bio unterrichtet. Mit Deutsch lag ich also daneben. – eine Rocker-WG entwickelt. Thomas der Ärger mit seiner Freundin hatte, Rainer, nachdem er seine Frau nun doch wirklich mit einer anderen betrügt und natürlich Ole. Konni übrigens, angetrieben durch sein gestärktes Ego nach dem ersten Auftritt, schnappt sich seine Kollegin Ursula und hat damit auch wieder was am Laufen. So tut sich bei fast allen etwas in der Liebe. Allen bis auf Ole. Der hat anscheinend ohnehin mehr davon anderen beim Leben zuzusehen als selber mitzuspielen.


Eines ist jedoch entscheidend und hier liegt auch der Grund, weswegen mir das letzte Drittel so gut gefällt: Die Charaktere werden gerade jetzt am Ende richtig lebendig, echt und authentisch. Jeder einzelne von ihnen erhält ein Gesicht und wird damit sympathisch. Konni, der mutlose Lehrer, dem die Band neue Kraft gibt. Rainer und Bulle, die beiden eher starken und gefestigten Persönlichkeiten in der Runde lösen sich von vergangenem. Bulle nimmt Abschied von seiner verstorbenen Frau und Rainer löst sich aus einer Beziehung die schon lange zerstört war.

Thomas ist ein unsicherer Charakter, ähnlich wie Konni. Er fühlt sich ohnehin ein wenig am Rande, da er jünger ist als die anderen und viele Erinnerungen nicht mit ihnen teilt. Getrennt von seiner Freundin und beruflich erfolglos, verliert er zunächst alle Kraft. Auch die Band ist für ihn nicht der Antriebsmotor, anders als bei den anderen. Erst als Corinna am Ende wieder auf ihn zugeht – er selbst hatte sich das zuvor nicht getraut – gibt ihm das die Kraft wieder zu schreiben. Und Ole? Er ist der verschlossenste Typ. Erst ganz am Ende wird ein Geheimnis um ihn Preis gegeben, das schon seit Jahren an ihm fraß und ihn mit Schuldgefühlen plagte.


Ja und was noch: Ach ja, der Titel und damit auch irgendwie das Motto des Romans erhält in diesem starken letzten Drittel mächtig Rückenwind. So bedauert Angelika So viel Zeit die sie an der Seite eines anderen verbrachte. Brigitte dagegen hat Angst vor So viel Zeit die ihr noch bleibt, jetzt da sie von Rainer betrogen und verlassen, nurmehr als Mutter, anstatt als Frau, im Leben zu stehen meint. Und auch für die Jungs selbst wird So viel Zeit zunehmend zum Thema. Das wird ihnen spätestens beim Klassentreffen endgültig klar. Ziemlich fremd sind ihnen viele andere, auf deren Wiedersehen sie sich zuvor gefreut hatten, geworden. Wen wundert’s? Wohl eher die übliche Erfahrung der meisten Klassentreffen.

Fazit: So viel Zeit ist es nicht die man mit dem Roman verbringen muss. Er liest sich sehr gut und schnell. Wenn man sich denn die Zeit dafür nimmt. Wie ich anhand meiner Beiträge hier sehe brauchte ich einen ganzen Monat dafür. Wie gesagt, den Anfang fand ich etwas schleppend und konstruiert, jedoch macht das Ende richtig Spaß. Also diesmal am Ball bleiben, es lohnt!

Die Einheit der Projekte

Vor einiger Zeit hatte ich mir mal ein paar Gedanken übers Bloggen und darüber wie es hier weitergehen soll gemacht. Um ein bisschen mehr Struktur und thematische Ordnung zu erhalten, habe ich mich entschieden das ganze auf mehrere Projekte zu verteilen.


Das ist der eine Grund, ein anderer ist, dass ich auch mit anderen Anbietern Erfahrungen sammeln wollte um mit einen Überblick über die unterschiedlichen Features zu ermöglichen. Gewagt, mögen vielleicht einige denken, wo doch viel frequentierte und häufig aktualisierte Blogs meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Verfassern mit Inhalten gefüttert werden. Wie will ich es alleine schaffen auf mehren Blogs ständig neues zu schreiben, was sicherlich wichtig wäre um im Ranking der Blogsphäre einen Platz an der Sonne zu erhalten.

Doch mein Anspruch ist eben ein anderer. Ich schreibe daher vielmehr in recht loser Reihenfolge, mal hier mal dort, für mich selbst und alle Interessierten. Nicht auf die Häufigkeit der Einträge kommt es an. Dank verbesserter Suchmaschinen, die sich aufs Suchen in Blogs spezialisieren steigt außerdem die Hoffnung, dass auch nach längerer Zeit ein bestimmter Eintrag zu einem Thema bei Interesse noch gefunden wird.


Worum handelt es sich nun? Die Teilnehmenden Beobachtungen, der Blog auf dem wir uns hier befinden, soll, wie wohl in der letzten Zeit schon klar geworden ist, thematisch dem kulturellen Leben gewidmet sein. Natürlich nicht dem gesamten, sondern lediglich dem kleinen Teil den ich mir aus der Masse picke und für kommentierenswert empfinde. Die Auswahl spiegelt teilweise mein Interesse, teilweise ist sie sicherlich auch zufällig. Denn wie könnte ich auch nur, in dem auf mein Interesse stoßenden Teil des Ganzen, irgendeine Vollständigkeit erreichen? Ich möchte zunächst kommentieren, freue mich aber sehr über jede Diskussion die sich ergibt, hier und im Kontakt mit anderen Blogs.


Daneben habe ich auf Wordpress zwei Blogs eingerichtet. Auf diesem hier, wollte ich zunächst einen Raum schaffen, um meine Bookmarks bei delicious über den knappen Raum der dortigen Textbox hinaus zu kommentieren und vielleicht sogar diskutieren. Das werde ich auch sicher tun, daneben aber sollen dort ab sofort auch alle weiteren politschen und gesellschaftlichen Themen des Tagesgeschehens kommentiert werden, die auf mein Interesse treffen.


Der zweite, Schichtstufen, bis jetzt noch eher spärlich bepostet, soll spezieller den – im weiteren Sinne – geographischen und/oder wissenschaftlichen Themen vorbehalten sein. Ähnlich wie auf diesem hier, will ich dort Bücher besprechen und zusammenfassen. Eigene Essays zu verschiedenen Themen sowohl physischer als auch sozialwissenschaftlicher Geographie. Aber auch all das, was mich aus anderen Richtungen interessiert. Politik ganz sicher, Soziologie, Ökologie, Philosophie und was auch immer.


Hört sich verwirrend an? Hm, ich hoffte eigentlich ein bisschen mehr Überblick zu bekommen. Nur werden sich sicherlich oft auch Beiträge thematisch überschneiden. Die werde ich dann spiegeln, oder jedenfalls verlinken. Ist doch super, immerzu fleißig für mich Selbst zu werben! Vorerst bleibt es bei dieser Ordnung, ich werde sehen wie es sich entwickelt. Ein Projekt ist ja auch immer ein Versuch. Zu finden sind die beiden anderen Blogs ab sofort in meiner Blogroll. Viel Spaß beim Lesen!

Mittwoch, 5. März 2008

Kurzer Zwischenstopp

Da ich gerade umgezogen bin, für die nächsten zwei Wochen noch ohne Internet und ohnehin noch ziemlich im Chaos wohne, gibt's wohl in den nächsten Tagen erstmal nix. Ab nächster Woche ist dann auch noch ganz fix eine Hausarbeit für Ethnologie zu schreiben. Mal sehen wie oft ich in der Zeit hier posten werde. So viel Zeit werde ich zwischendurch bestimmt noch fertiglesen, Die Wohlgesinnten dagegen werden wohl bis danach ausharren.

Sonntag, 2. März 2008

Musikvideo des Tages!



Nick Cave & The Bad Seeds - 15 Feet of Pure White Snow. Ein tolles Video!

Samstag, 1. März 2008

Musiktipp des Tages!

Travelssixty five and sunny

Anclicken und bei last.fm landen. Viel Spass beim Hören! Und hier geht's zum Bandprofil auf myspace.

So viel Zeit, Lesetagebuch - Teil 2

Die Anfänge der Lesenotizen zu Frank Goosens Roman sind mittlerweile schon etwas nach unten gerutscht. Bin zur Zeit anscheinend ein bisschen produktiver was die Bloggerei angeht. Daher werd ich die einzelnen Teile mal miteinander verlinken. Hier gehts zum ersten Teil.

So viel Zeit ist, soviel kann ich jetzt nach etwas über 200 Seiten sagen (ja, wie gesagt, ich lese langsam und gemächlich!) ein witzig geschriebener Unterhaltungsroman. Das ist nicht abwertend gemeint, mir gefällt das Buch, vom Hocker reißt es mich allerdings nicht und ich bin auch nicht regelrecht gefesselt. Was man ja auch am Lesefortschritt bereits erkennen kann.

Die 4 Jungs - die sie gerne noch wären mit ihren 40 Jahren und mehr - beschließen also die Rockband zu gründen, von der sie schon im Teenageralter geträumt hatten. Das fünfte Mitglied und damit der unersetzliche Part einer "richtigen Rockband" muss allerdings erst aus Berlin geholt werden. Ole, der schon frühere Kopf der Clique und auch in der Band wieder der heimliche Leader, schlägt sich mittlerweile in Berlin mehr schlecht als recht durchs Leben. Ein Kind mit einer Frau die nichts von ihm wissen will, er selbst lebt in einem Prenzelberger Hinterhaus von Hartz IV, seine Matraze auf zwei Paletten und die Unterhosen noch aus der Teenagerzeit. Irgendwie hört sich das leider ein wenig klischeehaft an und so ist es auch.

An dieser Stelle kann ich auch die anderen mal kurz charakterisieren. Im Jokers Bücher-Wiki schreibt jemand, sie steckten nicht in einer Midlife Crisis. Nun, ein schwammiger, und wie ich finde dämlicher, Begriff ist das ohnehin, aber wenn er irgendeinen Inhalt hat, dann trifft er auf einige der Jungs garantiert zu. Also Midlife Crisis, na klar!
Rainer, gut verdienener Steuerberater, Haus, Ehefrau Brigitte und zwei Kinder (Tocher und Sohn). Eigentlich könnte alles gut laufen, doch Brigitte nagt an zunächst unbegründeter Eifersucht und auch insgesamt wirkt die Familie ein bisschen entfremdet. So fängt Rainer irgendwann eine Affäre mit der Auszubildenen seiner Steuerkanzlei an, wohl um seiner Frau endlichen einen Grund für ihre Eifersucht zu geben. Und zu einem echten Rochstar gehört eben Sex mit jungen Damen genauso dazu wie Zigaretten und Alkohol. Dass sie es drogentechnisch dabei belassen wollen, hatten sie während der Bandprobe entschieden.
Bulle, Arzt in der Krebsstation irgendeines Krankenhauses. Seine Frau Marianne ist vor einiger Zeit selbst an Krebs gestorben. Das frisst an ihm. Er hat seine Frau geliebt, vermisst sie und hat diffuses Schuldgefühle weil er ihr nicht helfen konnte. Seine beiden Töchter leben bei ihm und neuerdings auch der aus Berlin zurückgeholte Ole.
Konrad Beckmann, besser bekannt als Konni, Deutsch- und Religionslehrer (wenn ich mich richtig erinnere). War gerade mitten am Hausbau als seine Frau in wegen eines anderen verlassen hatte. Jetzt sitzt er da, die halbfertige Hütte, ohne Frau und einigermaßen deprimiert. Eine junge Kollegin interessiert ihn ein wenig, doch traut er sich noch nicht so richtig an sie heran.
Und zuletzt Thomas, der etwas jüngere, nicht aus der ursprünglichen Schulclique stammende, aber jetzt treuer Doppelkopfkollege und neuerdings Bandmember von Mountain of Thunder (der verunglückte Name der Band). Er war einmal etwas erfolgreich als Romanschreiber. Doch die Zeiten sind vorbei, jetzt hält er sich mit literarisch wertvollen Bildbeschreibungen für Pornoheftchen oder Internetbildergeschichten über Wasser. Mit seiner wesentlich jüngeren Freundin Corinna läuft es, abgesehen vom Sex, auch nicht besonders. SIe stresst gerne mal rum, wenn er mit seinen Kumpels Doppelkopf spielt und dabei geraucht und getrunken wird.

Und da stehen wir jetzt. Mitten in der Geschichte. So langsam wird das mit der Musik auch was. Mountain of Thunder haben ein paar Stücke drauf und wollen sich demnächst an den ersten Auftritt wagen um sich vorzubereiten auf den großen Gig beim Stufentreffen der alten Gymnasiums.

Wie gereits gesagt, der Roman liest sich gut und ist stellenweise auch richtig witzig. Bietet auch interessante Einblicke in Männerfreundschaften und deren Gedanken und mögliche Probleme im fortschreitenden Alter. Der Kampf gegen das Alter und der Versuch die Jungend zurückzuholen. Was soll das sein, wenn keine Midlife Crisis? Fühlt sich nicht sogar der jüngere Thomas an einer Stelle seltsam, weil er darüber nachdenkt, dass er vielleicht die Hälfte seines Lebens schon gelebt hat ohne bisher großes erreicht zu haben. Er dachte dabei gerade über eine Alternative zu Klitoris und Kitzler nach.
Was mich etwas stört an der ganzen Sache: Es ist alles ein wenig klischeehaft. Die Jungs fahren nach Berlin und bekommen an der Raststätte Ärger mit ein paar Proleten die sie dann jagen und am nächsten Stopp gibt's ne kleine Schlägerei. Ja sicher! Sehr glaubhaft. Aber ein paar Handgemenge dürfen in einer echten Rockband eben auch nicht fehlen!

Soweit bisher, mal sehen was die letzten 150 Seiten bringen...

[und weiter zum Ende, dem 3. Teil]

Freitag, 29. Februar 2008

Wohlgesinnte Rezensionen?

Eben habe ich noch ein wenig in den Rezensionen über Jonathan Littells Die Wohlgesinnten gestöbert. Einen sehr guten Überblick bietet ein weiterer Artikel Klaus Theweleits, diesmal in der Taz erschienen. Hier zeigt Theweleit, dass nicht alle Kritikerinnen des deutschsprachigen Feuilletons mit einer Stimme sprechen. Außerdem sollten sich alle Interessierten den Reading Room der FAZ ansehen.

Iris Radisch watscht den Roman in der Zeit auf ganzer Linie ab. Die sprachliche Qualität sei schlecht bis miserabel, dazu der Schreibstil primitiv. Littell leiste mit seinem Roman weder einen Beitrag zum Verständnis der Täterseele noch böten seine "detail- und dokumentengetreuen" Darstellungen der NS-Verbrechen etwas Neues zur Geschichtsforschung. Ein ähnlich dämliches Argument des Historikers Ulrich Herbert zitiert auch Klaus Theweleit in seinem FAS Artikel: Littells Roman würde nichts Neues zur Forschung beitragen. Nun, das ist doch einmal ein schlagendes Argument gegen einen Roman! Und das von einem Historiker. Ist es nicht dessen Fachgebiet wissenschaftliche Forschung zu betreiben und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Ein Romancier bedient sich dieser als Quelle und Inspiration, wird aber wohl kaum Neues zur Forschung beitragen. Dies zu fordern ist schon ein ziemlicher Unsinn!

Zwar sind sich fast sämtliche Kritiker darin einig, dass es sich um einen grässlichen, grauenvollen und pornographischen Roman handelt. Alle die das Buch gelesen haben fühlen sich abgestoßen und angewidert, doch liegt doch gerade auch darin der Zweck und das Ziel des Romans. Warum sonst wird aus der Perspektive des SS-Offiziers berichtet. Das hier kein Held sondern allenfalls ein ekelhafter Antiheld als Protagonist auftaucht müsste jedem klar sein!

Vielleicht zeichnen am Falle dieses Romans gerade die abwehrensten Haltungen viel mehr ein Bild deutscher Verdrängungsmechanismen, als dass sie ein qualitativ gutes Urteil bieten. So würden zum Beispiel die ersten 300 Seiten sehr wohl verdeutlichen wie eng der Zusammenhang zwischen Judenvernichtung und militärischen Operationen war. Dies bleibt jedoch fast überall unerwähnt. Wollen vielleicht einige lieber an der strikten Trennung von Vernichtung und Wehrmachtskrieg festhalten?
Eine weitere weitere Schwierigkeit bereitet einigen Lesern wohl, dass Max Aue, der erzählende SS-Offizier, nicht als scheußlich rohes Mordmonster, sondern als gebildeter Charakter gezeichnet wird. Widerspricht dieses Bild so sehr dem Wunschbild eines sadistischen Täters, mit dem man sich viel leichter abfinden könnte? Iris Radisch schreibt, Max Aue sei eine völlig unrealistische fiktive Darstellung. Einen SS-Offizier wie Max Aue hätte es nicht gegeben. Mag sein! Sicherlich ist er konstruiert und sicherlich spiegelt er bestimmt nicht "den Prototypen" eines NS-Verbrechers. Aber sind es nicht gerade die abstoßenden Widersprüche die uns Leser zur eigenen gedanklichen Arbeit verleiten?

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Hier habe ich noch ein paar weitere Beiträge zum Buch zusammengestellt. Bei Gelegenheit werde ich auch hier auf den einen oder anderen noch eingeben:

Klaus Harpprecht, Der verklärte »Boche«

Harald Welzer, Am Ende bleibt die Faszination

David Hugendick, «Und wann kommen die Nazis?»

Thomas Steinfeld, Ein schlauer Pornograph

Georg Klein, Die Bosheit der Toten

Wolfgang Schneider, In der Seele eines Täters

Donnerstag, 28. Februar 2008

Jonathan Littells, Die Wohlgesinnten

Das wohl momentan meistdiskutierte und am schlimmsten verrissene Buch im deutschen Feuilleton ist Jonathan Littells Roman Die Wohlgesinnten (oder hier die Website des Buches), der die fiktive Lebensgeschichte eines SS-Offiziers erzählt. In den letzten Wochen habe ich eine ganze Reihe Rezensionen darüber gelesen und die fast alle Rezensenten sind sich einig: dieser Roman taugt nichts, wie konnte das Buch in Frankreich ein solcher Erfolg sein!
Mit den verschiedenen Rezensionen will ich mich hier in den nächsten Tagen noch einmal auseinandersetzen. Ich hoffe, ich habe nicht alle schon dem Altpapier überlassen bzw. finde sie im Netz wieder.

Der eigentliche Auslöser, das Buch, trotz der schlechten Kritiken doch lesen zu wollen, war eine Rezension von Klaus Theweleit in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Zwar fand auch er die Lektüre quälend, zeigt jedoch ein paar Aspekte des Romans auf, die mein Interesse wecken.

Zwar kann ich mir gut vorstellen, dass auch ich wenig Gefallen an Littells Roman finden werde, um dies jedoch herauszufinden, habe ich mir das Buch heute besorgt! Ich werde dann also in den nächsten Tagen und Wochen ein wenig darüber berichten. Das kann bei 1400 Seiten allerdings etwas dauern, da ich mich nicht gerade als Schnellleser bezeichnen würde. Das liegt zum einen daran, dass ich einfach nicht besonders schnell lese. Und das andere: ich verbringe meist nur einen kleinen Teil meiner Lesezeit mit Belletristik. Muss schließlich studieren, nebenbei auch noch das eine oder andere Sachbuch zur Selbstbildung lesen und außerdem auch tagespolitisch auf dem Laufenden bleiben! Es ist schon ein Kreuz, so viel zu tun.... Na ja, ich werd mich jedenfalls dran versuchen und in gewohnter Manier hier meinen Senf dazu geben!

Bücher vernichten?

Ein Studentenleben heutzutage ist nicht billig. Daher muss nebenbei auch noch ein bisschen Broterwerb betrieben werden, was in meinem Fall ein Minijob im Buchhandel leistet. Und dort kommt es dann hin und wieder vor, dass größere Mengen von Büchern einfach weggeworfen und vernichtet werden. Eigentlich ist das doch ein Verbrechen! Bücher darf man zum Beispiel vergessen, man darf sie verlegen oder verschenken, aber vernichten, das eigentlich nicht.
Doch trotzdem, wenn sich irgendwann der Bodensatz aus einer Reihe von mehreren Mängelexemplaraktionen - das sind die Bücher die immer für günstig Geld und trotzdem meist ganz ohne Schaden in den Eingangsbereichen der Buchhandlungen oder in speziellen Modernen Antiquariatsgeschäften, in großen Wühlkisten zu finden sind - gebildet hat, hilft oft auch weiteres runterzeichnen nichts mehr. Die Bücher will dann wirklich keiner haben.

So war auch heute wieder mal so eine Wegwerfaktion angesagt! Und obwohl ich weiß, die Schwarten sind echt der letzte Schrott - und das waren sie! - kann ich es niemals lassen, noch jeder Handvoll Bücher auf die Rücken zu gucken und kurz die Titel und Autoren zu überfliegen. Billigster Fantasieschund, Ratgeber von Ratlosen, Sandra, die Hexe, Leidensgeschichten und anderer Driss! Doch jedesmal muss ich dann wieder das eine oder andere Buch herausziehen, bei dem es mir nicht gelingen will es einfach wegzuwerfen. Diesmal: Everymen von Philip Roth, Gedichte von Thomas Gsella, Lessings Nathan der Weiße, Stücke von Péter Nádas und dann noch je eins von William Gibson sowie Bruce Chatwin.

Große Freude hat es dagegen gemacht eine ganze Reihe von Büchern eines gewissen Wolfgang Schäuble in die Papierpresse zu schleudern, denn die sind doch wirklich kein Verlust! Darüber scheinen sich die Menschem auch zunehmend im Klaren zu sein, denn die waren dann doch überdurchschnittlich oft vorhanden.

Mittwoch, 27. Februar 2008

Spex-Interview mit Claude Lanzmann


In der aktuellen Spex-Ausgabe (Nr. 313, März/April) gibt es ein umfangreiches Interview mit Claude Lanzmann, dem Regisseur des 9 stündigen Holocaust-Dokumentarfilmes Shoah. Das war auch der Anlass wieso ich mir die Ausgabe gekauft habe und es hat sich mehr als gelohnt. Ich selbst habe den Film zwar noch nicht gesehen, will es aber nach der Lektüre des Interviews bald möglichst machen. Anlass des Gesprächs war die gerade erschienene DVD-Fassung, daher wird es sich hoffentlich demnächst einrichten lassen.
Schon das Interview vermittelt einiges der Unfassbarkeit der Ereignisse. Lanzmann spricht mit der Spex über seine Bekanntschaft mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, mit der er später verheiratet war, über seinen ersten Film Warum Israel, die Wahl des Namens 'Shoah' für das Filmprojekt und natürlich über das Drehen und den Film selbst.
Der Name 'Shoah', was im Hebräischen Naturkatastrophe bedeutet war zur Entstehung des Films im Nichthebräischen Raum noch unbekannt. Ein nichtssagender Name schien Lanzmann für das Unfassbare, Unbennennbare am besten geeignet. Außerdem erklärt er sehr einleutend, dass er den Begriff 'Holocaust', was im Hebräischen Opfergabe bedeutet, für den Film ungeeignet fand. Für ihn ein unverzeihlicher Fehler.

Die Liebe in Zeiten der Cholera...

...oder: Wie Babyface Romeo zum Don Juan wurde! Weltliteratur oder nur eine megakitschige Schmachtschmonzette? Gut, ich habe das Buch nicht gelesen, nur gestern den Film gesehen. Daher darf ich an dieser Stelle nicht über den gleichnamigen Roman von Gabriel García Márquez urteilen, der ganz ohne Zweifel ein herausragender Schriftsteller bedeutender Werke ist. So urteile ich hier nur über den Film den ich gestern gesehen habe.
Ort der Handlung ist Kolumbien Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter Kolonialverwaltung. Und die Story lässt sich auf den einen Nenner "rührselige Kitschromanze" zusammenfassen. Das edelmütige Muttersöhnchen Florentino verliebt sich in Fermina, die Tochter eines dumpfbackigen, tyrannischen Maultierhändlers der leider trotz oder vielleicht gerade wegen seines schlechten Charakters zu einigem Kapital gekommen ist. Dieser Vater bildet sich, ganz nach den gängigen Klischeebildern über Proletariatsreichtum, natürlich ein, seine Tochter müsse in die Aristokratenliga einheiraten um der Familie den ihr nun gebührenden Platz in der Gesellschaft zu sichern. Da kommt so ein lumpiger Schreiber eines Telegraphenamtes natürlich nicht in Frage, so wird alles unternommen um den Beiden die Liebe, die unerträglich und unsterblich geworden ist, obwohl sie sich bisher nur ein paar Briefe hin und her geschoben hatten, zu verwehren. Er schleppt seine Tochter auf's Land zu Verwandten wo sie ihren romantischen Quatsch vergessen soll!
Das macht Fermina dann auch nach gewisser Zeit, Florentino wird ihr in seiner unerschütterlichen Liebe unheimlich und zum 'Schatten'. So heiratet sie dann irgendwann lieber einen wohlhabenden Arzt 'der so gut riecht'! Nicht so unser Romeo, für ihn ist das Leben nur noch eins: die Liebe zu seiner 'gekrönten Göttin' (haha)! So frisst die Sehnsucht an ihm, er wird älter und älter, jedoch spart er sich auf, für den Tag an dem sie endlich die seine ist. Bis seine Mutter eingreift, die irgendwann das Unglück ihres Sohnes nicht länger ertragen kann, ihn von seinem Onkel, der Präsident der Flussschifffahrtsgesellschaft ist, an einen Ort, weit im landesinneren versetzen lässt.
Unterwegs auf dem Schiff kommt es zum Wandel: Der keuscher Romeo wird doch tatsächlich das Opfer einer schandhaften Nymphomanin, dei ihn in ihre Kammer zerrt und ganz dreist vergewaltigt! Was ihm nicht schlecht zu gefallen scheint, versucht er doch später im hin und her Wandeln vor besagter Kabine, die Situation zu wiederholen. Leider ohne Erfolg, die drei Schönheiten die sich dort einquartiert hatten gehen von Bord ohne wieder zuzuschlagen.


Auf geht's zurück, mit Schuldgefühlen geplagt, in die Nähe seiner Angebeteten! Dort wird jedoch bald seine andere Seite geweckt, denn auch in ihm steckt ein rechter Lüstling. So kommt er bis in hohe Alter, fit und aktiv, auf über 600 flachgelegte hübsche Damen, worüber er von Beginn an gründlich Buch führte. So geht's dann fort, sein Leben und das ihre (Ferminas), bis deren Arzt dann doch am Ende vor ihr stirbt - übrigens in einer Szene die auch am Anfang des Filmes steht - und Florentino seinen Tag gekommen sieht. Kurzum schmeißt der 72 jährige die nackte 20 jährige Schönheit aus seiner Hängematte um zur frischen Witwe zu eilen und seine ewige Liebe zu gestehen. Die schmeißt ihn raus und ist empört, was auch sonst. Doch mit seinen Briefen die er ihr in der Folgezeit schreibt gewinnt er erneut ihr Herz, so dass die Liebenden am Ende vereint auf einem seiner Schiffe - mittlerweile hat Florentino die Positon seines Onkels eingenommen und ist damit zu einigem Wohlstand gekommen - romatisch in der Kiste liegen und ewig durch die wunderschönen Landschaften Kolumbiens fahren können! Über das Boot hat der Kapitän extra die Choleraflagge gehisst, so dass die Reise ohne Passagiere und ohne Zwischenstop gehen kann. Hach, wie schön!

Und die Essenz von der Geschicht'? Dass Beharrlichkeit zum Ziele führt!? Na schönen Dank! Auf ein Ziel wie es im Film dargestellt wird, am Lebensende dann doch endlich die Erfüllung zu finden in Vereinigung mit dem ewigen und einzigen Objekt des Verlangens? Nö, viel zu langweilig! Dann doch lieber Erfüllung auf andere Art. Viel mehr ist es ganz schön erschütternd, wie Florentino dann am Ende endlich seine 'gekrönte Göttin', die nackte Fermina, vor sich stehen hat, die dann natürlich ihre Schönheit schon verloren hat. Und auch das zweisame Glück wird nur noch von kurzer Dauer sein.

Daneben streut der Film, entsprechend des Titels noch gelegentlich Sekundeneinblicke in die Zeiten und Schreckens des Bürgerkrieges und der Cholera mit ein. Schließlich muss der Name auch irgendwie noch seinen Sinn tragen. Dies jedoch wirklich nur in winzigen Passagen, es würde ja sonst das herzblutende romantische Gefühl der Zuschauer zu sehr belasten. Wie weit diese Thematik in Márquez' Roman vertieft wird weiß ich nicht und werde es wohl auch nie erfahren. Mit persönlich reicht der gestrige Einblick in das Leben Florentinos und Ferminas. Da nehme ich mir dann doch lieber demnächst das schon lange bei mir auf der Warteliste stehende Hundert Jahre Einsamkeit vor!

Wem der Sinn nach Schmacht und Schmotz steht sollte sich Die Liebe in Zeiten der Cholera ansehen, allen anderen ist dann doch vielleicht eher abzuraten (denen wird meine doch recht ausführliche Zusammenfassung sicherlich ausreichen), da auch die schauspielerischen Leistungen starkt zu wünschen übrig lassen. Wirkt alles sehr gestellt und künstlich. Gefühle werden nur klischeehaft dargestellt. Für Bollywood-Fans jedoch bestimmt genau das Richtige!

Sonntag, 24. Februar 2008

Musiktipp des Tages!

The DøOn My Shoulders

Viel Spass beim Hören! Auch die anderen Songs der Band kann ich nur empfehlen. Hier gehts zum myspace-Profil.

Freitag, 22. Februar 2008

Hagen Rether über Islambashing



Da teilnehmendes Beobachten nicht nur aus Lesen und Hören besteht, sondern auch das Sehen eine große Rolle spielt, hier mal wieder ein wirklich sehenswertes Video! Es ist Comedy aber leider auch sehr wahr, worüber Hagen Rether hier mit zynischer Komik berichtet.

Dienstag, 19. Februar 2008

Hörbuchnotizen, Spieltrieb

Neben dem Lesen nimmt noch eine andere Art der Literaturverarbeitung eine immer wichtigere Rolle ein. Diese ist zum einen meist schneller, bequemer und dank immer besserer Umsetzung auch zunehmend genussvoll. Hörbücher gehören genauso zur Literatur wie bedrucktes Papier. Daher will ich hier auch von meinen Erlebnissen beim mehr oder weniger aufmerksamen Lauschen berichten.

Juli Zeh "Spieltrieb"

Dieses Hörbuch war das letzte das ich hörte. Ich wollte das Buch schon seit Jahren mal lesen, hab's dann aber doch immer gelassen mir zu kaufen, da ich ohnehin von einen stets wachsenden to-do Bücherstapel bedroht werde. Also wartete ich und wartete bis mir das Buch früher oder später irgendwann einmal aus einer Mängelexemplar-Kiste entgegenspringen würde. Dies geschah bisher nicht. Dafür hatte ich aber vor kurzem bei einer Bekannten das Hörbuch entdeckt und mir natürlich gleich ausgeliehen.

Das Hörbuch besteht aus 4 CDs und wird durchgehend von der Schauspielerin Sascha Maria Icks mit sehr angenehmer Stimme gelesen. Dies allerdings ziemlich schnell. Anfangs brauchte ich eine Weile bis ich mich an das rasante Lesetempo gewöhnt hatte, da auch die Szenen der Handlung oft ein wenig springen. Aufmerksames Zuhören ist also Pflicht. Und selbst so werde ich mir einiges bestimmt wiederholt anhören müssen.

Die Story selbst und somit der Roman hat mich sehr fasziniert. Die Geschichte im groben kannte ich bereits, schließlich wollte ich das Buch seit Jahren einmal lesen und hatte in dieser Zeit einiges darüber gehört. Protagonistin ist die zum Beginn der Geschichte 13-jährige Ada. Ort der Handlung ist das Ernst-Bloch-Gymnasium in Bonn. Weitere wichtige Personen sind: Alev, ein Mitschüler Adas, Höfi und Smutek, Geschichts- bzw. Deutsch- und Sportlehrer. Daneben noch einige Nebenrollen, wie Adas Eltern, der Schulleiter sowie die Mitschüler Olaf und Odetta.

Ada ist eine unglaublich eloquente und hochintelligente Einzelgängerin. Völlig kühl betrachtet sie ihre Mitmenschen, ihr Leben und sich selbst. Gefühlregungen meint man bei ihr nicht zu finden, sie selbst sagt von sich, sie habe so etwas wie eine Seele nicht. Erst als Alev zum neuen Schuljahr, nun in der Oberstufe, in ihre Klasse kommt, findet sie diesen interessant genug, dass sich eine Art Freundschaft entwickelt. Olaf, ein Typ aus einer Außenseiterclique und Bandmitglied, mit dem sie zuvor eine kurze Beziehung hatte, war für sie mehr ein Objekt, an dem sie sexuelle Erfahrungen machen konnte. Alev scheint ein ähnlicher Charakter zu sein, was ihn ihr interessant macht. Auch er ist sehr intelligent und inszeniert sich im Unterricht von Beginn als als Außenseiter und Provokateur. Die beiden beginnen mit provozierenden Kommentaren mit dem Lehreren zu spielen. Besonders mit dem Geschichtslehrer Höfi, dem das geistige Kräftemessen gefällt.
Alev ist es dann auch der ihr von seinen Spieltheorien erzählt und sie auffordert ein gemeinsames "Spiel" mit dem Lehrer Smutek zu spielen. Er gewinnt sie schließlich dafür, indem er ihr ein paar Vorhersagen macht, und er dann das Geschehen so arrangiert, dass diese auch eintreten. Die beiden entschließen sich Smutek zu verführen, die Situation mit der Kamera einzufangen um ihn dann in der Hand zu haben, was ihnen dann auch gelingt.
Ada hatte zuvor auf einem Schulurlaub Smuteks, zunehmend von einer psychischen Krankheit geplante Frau, aus einem gefrorenen See gerettet. Seitdem fühlt sich Smutek auf irgendeine Weise für Ada verpflichtet und zu ihr hingezogen. So ist es für sie leicht, ihn für Alevs "Spiel" zu gewinnen und ihn sexuell zu verführen.

Während dieses Spiels zeigen sich bei Ada jedoch doch gewissen emotionale Regungen. Alev dagegen bleibt völlig kalt, ihm bereitet sein eigener zynischer Sadismus offensichtliche Freude. Sie dagegen empfindet zunehmend Mitlied mit Smutek und will ihn aus diesem Spiel herausholen. An einer anderen Stelle ist ein Anflug von Eifersucht auf Odetta zu erkennen, als sie vermutet Alev, der von sich selbst behauptet impotent zu sein, könnte auch zu ihr eine enge Freundschaft pflegen. Um Smutek zu retten, will Ada aus dem Spiel aussteigen. Alev will sie zum weiterspielen zwingen, woran sich zeigt, dass ihm das Spielen die einzige Erregung bereitet, während auch Ada für ihn kaum mehr als eine Figur auf seinem geistigen Schachbrett ist.
Ada kommt jedoch nicht mehr zu den erpressten Verabredungen mit Smutek, woraufhin dieser, von Ada bereits über ihren Ausstieg informiert, seine gewonnene Stärke erkennt und Alev verprügelt. Auch dieses Ende des Spiels scheint Alev als interessante Überraschung und Wendung zu betrachen und unternimmt nichts um sich zu wehren.

Es kommt zur Gerichtsverhandlung, bei der sowohl Alev als auch Smutek angeklagt sind. Ada, als das sexuell misshandelte Opfer nimmt bloß eine Zeugenrolle ein. Die Richterin Sophie, die vor Beginn der Verhandlung kurz vorgestellt wird, erweist sich in der knappen Charakterisierung als eine ähnlich gefühlskalte und nihilistische Person wie Ada, was für den Ausgang der Verhandlung von entscheidender Rolle ist. Nachdem Ada eine vorbereitete und durchdachte Aussage macht, die viel mehr einem Plädoyer ähnelt, ist die Richterin so von der Sache fasziniert, dass sie die beiden Angeklagten mit jeweils viel zu geringen Strafen in die Freiheit entlässt.

Nun das Ende: Ada trifft Alev ein letztes Mal. Beide versichern sie sich, sie hätten auf ihre je eigene Art, einander geliebt. Alev wird das Land verlassen und woanders weiter aus die Schule gehen. Er beabsichtigt weiterhin seine sadistischen Spiele mit Menschen zu spielen und prophezeit ihm und Ada ein Wiedersehen falls diese mit 40 noch immer allein sei. Smutek und Ada dagegen fühlen sich einander durch die Geschichte verbunden, er jedenfalls liebt sie, was sie für ihn empfindet bleibt offen. Liebe ist es jedenfalls sicherlich nicht. Vielleicht die kleine Hoffnung dem Leben doch noch eine Seele entlocken zu können. Die beiden brennen gemeinsam durch und verschwinden in den weiten der Welt!

Soviel zum Inhalt, es bleibt die Bewertung: Die Story ist faszinierten, intelligent, erschreckend und fesselnd zugleich. Wie in den meisten literarischen Darstellungen von Kindern und Jugendlichen werden zwar Ada und Alev reichlich unrealistisch für das entsprechende Alter gezeichnet, aber das kann der Faszination der Geschichte keinen Abbruch tun. Jugendlich handelt Ada außerdem allemal, auch wenn ihre Eloquenz und ihr Scharfsinn mit überdurchschnittlicher Intelligenz nicht zu erklären sind. Trotzdem, die Radikalität ihres Denkens, ihr Absolutheitsanspruch der eigen Wahrnehmungswelt, sind einem jugendlichen Geist durchaus typisch. Nihilismus als eine jugendliche Tugend?

Freitag, 15. Februar 2008

Aktuelles Buch: So viel Zeit


Nebenbei habe ich vor ein paar Tagen mit der Lektüre von Frank Goosens neuem Roman So viel Zeit begonnen. Nach mehreren "Altherrenbüchern" musste jetzt mal wieder "Popliteratur" her! Obwohl ich mir jetzt, nach hundert Seiten, doch nichtmehr so ganz sicher bin, ob es nicht trotzdem eine Geschichte von angehenden Altherren ist, die Goosen hier erzählt. Nein, so schlimm ist's nicht, und das Buch läßt sich auch ganz gut an. Es geht um ein paar Jugendfreunde, die jetzt mitten in den Vierzigern stecken, beruflich zwar fast alle erfolgreich aber im Privaten teilweise ziemlich frustriert sind. So kommt es, dass sie zunehmend von der berüchtigten Midlife Crisis gebeutelt werden und sich bei ihren rituellen Doppelkopfabenden in den Kopf setzen, sie sollten es vielleicht doch nochmal mit ihrer Jugendidee einer Rockband versuchen. Auf geht's - Schotter haben die meisten von ihnen genug - zum nächsten Musikladen und Equipment kaufen.

Was daraus wird, wir werden sehn. Ein Problem haben die Freunde Konni, Rainer, Bulle und Thomas, der etwas jünger als die anderen ist und nicht zur unsprünglichen Jungendclique gehört, jedoch: Ole, der ehemalige Mittelpunkt des Freundeskreises ist weg, in Berlin, und die anderen haben schon eine ganze Weile nichts mehr von ihm gehört. Und eine richtige Rockband besteht nicht aus Vieren, sondern hat 5 Members!

Wie zuletzt beim neuen Philip Roth, werde ich wieder in lockerer Folge in einem Lesetagebuch eine kurze Inhaltsangabe und meine sonstigen Erlebnisse bei der Lektüre notieren.

Grad hab ich hier beim Literatur-Café noch ein Podcast zum Buch gefunden. Frank Goosen im Interview auf der Buchmesse 2007. Außerdem bei Focus Online eine sechsteiliger Viedopodcast über den Roman und Aufnahmen, die den Autor beim Vorlesen im Studio zur Hörbuchausgabe zeigen.

[weiter zu Teil 2]

Musikerlebnisse der Woche

In der zurückliegenden Woche gab's gleich zwei wunderbare Konzerte zu bestaunen. Zuerst am Montag die Indie-Popband Stars im Gloria und gleich danach am Dienstag, im Rex am Ring Kino Rocky Votolato. Beide Konzerte waren ziemlich toll!

Das Gloria war schon recht voll, doch dank der leicht stufig abfallenden Theater-Arena hatten wir einen Platz, von dem aus die ganze Bühne schön zu überblicken war. Selten so gute Sicht gehabt auf Konzerten! Bin halt doch nicht so der Riese. Gespielt wurde vor allem die letzte Platte In our bedroom after the war, aber auch einige ältere Stücke. Die Band fands anscheinend auch ziemlich toll im Gloria zu spielen! Auf der letzten Tour sah das noch ganz anders aus, da war in Köln Station im Gebäude 9. Auch ne gute Location, wie ich finde, aber das Gloria ist dann doch eine Ecke größer. Und der Sound im Gebäude ist auch nicht wirklich prima. Der war dafür am Montag wirklich sehr gut. Und Amy Millan, singt einfach schön! Auch wenn sie dem Publikum etwas zu oft den Rücken drehte. Das lag aber vielleicht auch daran, dass die Band so viele Zuhörer auf einmal noch nicht so gewohnt sind. Wer die Stars (Homepage der Band) nicht kennt, sollte unbedingt mal reinhören. Geht ein bisschen quer durch mehrere Stilrichtungen, Indie mit leichtem Trip-Hop Touch und das alles ein wenig poplastig. Aber toll!

Und Rocky Votolato (hier der Link zu seiner Homepage), ganz was anderes und trotzdem auch ein richtig gutes Konzert. Als Solokünstler mit Mundharmonika und Gitarre macht er als leicht punkiger Songwriter richtig Stimmung. Obwohl's für meinen Geschmack auf Grund der Location in einem movie-theater etwas zu ruhig war. Sitzkonzert, das passte schon, aber die Atmosphäre eines Kinos verleitet glaube ich zusätzlich zum andächtigen Schweigen. Andererseits, will ich ja auch die Lieder hören und nicht das Gebrabbel von Nebenan. Das war zum Beispiel bei der Vorband der Stars im Gloria etwas nervig.
Rocky spielte querbett aus seinen Songs. Von welchen Platte die jeweils waren, weiß ich gar nicht genau, dazu hatte ich die Lieder noch zu wenig gehört. Das wird sich jetzt ändern!


Bilder von: http://puddlegum.net und http://jerusrockblog.blogspot.com/

Freitag, 8. Februar 2008

Exit Ghost, Abschlussbetrachtungen

Eben habe ich den Roman fertiggelesen und kann meine Begeisterung die ich Anfangs hatte auch am Ende bestätigen. Es hat zwar eine Weile gedauert bis ich das Buch gelesen hatte, aber das lag nur daran, dass ich einfach selten dazu kam. Wenn ich das Buch in der Hand hatte war ich jedesmal in den Strom der geschichte gerissen. Gelesen habe ich das Buch, so wie meine Postings erschienen sind mehr oder weniger in drei Zügen. Anders als bei vielen anderen, wurde ich beim Lesen abends im Bett jedesmal von der Lektüre wachgehalten und wollte kaum damit aufhören.

Aber worum geht's jetzt im Ganzen, was sind die Themen? Nathan Zuckerman, ein Schriftsteller nahe dem Ende seines Lebens, lässt dieses nocheinmal an sich vorbeiziehen und wird nocheinmal in den Sog der Jugend ein Leidenschaft gerissen. Eigentlich hatte er mit allem gebrochen, wollte seinen Lebensabend in Abgeschiedenheit und ausschließlich auf's Schreiben konzentriert verbringen, doch seine Inkontinez triebt in zurück nach New York wo er sich von einem Spezialisten behandeln lässt.

Hier trifft er auf das New Yorker Schriftstellermilieu, das früher auch der Ort seines Lebens war. Richard Kliman, sein Gegner, verkörpert für ihn die jugendliche Kraft und den Idealismus, den er selbst schon lange aufgegeben hatte. Auch Billy Davidoff und Jamie Logan, die sich so emphatisch einen Politikwechsel wünschen, zeichnen seine eigene vergangene politische Begeisterung und Aktivität nach. Auch sein sexuelles Verlangen nach Jamie zeichnet den letzten Wunsch nach zurückkehrender Jugendlichkeit wider.

Dagegen die Biographie, die Kliman über seinen verstorbenen Schriftstellerfreund schreiben will, führt ihm selbst sein eigenes Alter nur zu sehr vor Augen. Was geschieht mit einem Schriftstellerleben nach dem Tod. Ein Biograph, der keinerlei persönliches Verhältnis zu Lonoff hatte beansprucht für sich dessen Leben nachzuzeichnen und so das abschließende Bild eines Lebens zu entwerfen. Zuckerman Aversion gegen dieses Vorhaben gründet sehr stark im Bewusstsein seines eigenen bevorstehenden Todes und der Unsicherheit, was aus seinem Leben dann gemacht werde.

Der Roman Exit Ghost ist ein Buch über die Selbstreflektionen im Alter. Die Geister der Jugend die einen noch immer nicht loslassen wollen. Das kommende Ende, und die Angst was die Welt aus dem eigenen Selbst danach machen wird.
Daneben noch das sexuelle Verlangen eines alten Mannes nach einer jungen Frau. Ganz sicher ein Thema, dass schon unzählige Male in Romanen strapaziert wurde und daher auch sicherlich keine überragenden neuartigen Ideen ermöglicht. Für Roth selbst gehört das Thema schon zum Standardrepertoire. Trotzdem, ich bin der Meinung ein Thema muss nicht unbedingt neu sein, um gute Literatur zu ermöglichen. Ja es spricht, wie ich meine, sogar für einen Schriftsteller, dass immer wieder das eigene, persönliche Thema in die verschiedenen Werke hervortritt.

"Und irgendwann würde ich ebenfalls sterben, wie Amy, wie Plimpton, wie Lonoff, wie alle, die ihre Taten vollbracht und ihre Aufgabe erfüllt hatten und nun auf dem Friedhof lagen, allerdings nicht ohne mich zuvor an den Tisch am Fenster zu setzen, hinauszusehen in das graue Lich eines Novembermorgens, über den vom Schnee gepuderten Weg zum stillen, von Wind geriffelten Wasser des Sumpfes, das an den Rändern, wo die faulenden, skelettartigen Stengel des rispenlosen Schilfs standen, bereits überfror, und in meinem sicheren Hafen, wo keiner dieser New Yorker Menschen mehr zu sehen war - und bevor mein nachlassendes Gedächtnis mich vollends im Stich ließ -, die letzte Szene von Er und Sie zu schreiben."

Exit Ghost, Lesetagebuch - Teil 3

Nun der dritte und letzte Teil meiner Lesereise. Es hat zwar ein bisschen gedauert, was aber auf keinen Fall ein Zeichen für einen schwachen Roman ist. Es waren einfach nur die bereits vorher genannten Gründe.

Richard Kliman versucht noch immer Zuckerman für sich zu gewinnen und erhofft sich dessen Unterstützung. Kliman hatte von Amy Belette, vor der Operation ihres Hirntumors erfahren, dass Lonoff in seiner Jugend ein inzestöses Verhältnis mit seiner älteren Halbschwester hatte. Auf dieser Tatsache beruhend möchte er noch immer die Biographie über Lonoff schreiben, aber auch, da er den Autor Lonoff verehrt und ihn vor dem Vergessen bewahren möchte.
Auch Zuckerman verehrt er als Autor, was wohl der entscheidende Anlass für ihn ist, ihn für sein Vorhaben gewinnen zu wollen. Zuckerman dagegen empfindet immer nur Abscheu vor Klimans jugendlichem Enthusiasmus und dessen Gefühl der Unbesiegbarkeit. Er verweigert sich der Mitarbeit konsequent, sieht in Kliman sich selbst als sein jugendliches Alter Ego und die biographischen Enthüllungen die Kliman anstrebt, lassen in ihm die Befürchtung möglicher Enthüllungen in seinem eigenen Leben wach werden.

Er baut dagegen während seines Aufenthalts in New Yorker ein immer leidenschaftlicheres Begehren nach Jamie Logan auf. Im Hotel verfasst er fiktive Dialoge zwischen Jamie und ihm, in denen er seinem Verlangen nach ihr den Raum gibt, den es in seinem realen Leben nicht mehr geben kann.

Montag, 28. Januar 2008

Exit Ghost, Lesetagebuch - Teil 2


Da wahrscheinlich jede Menge ungeduldige Nichtleser darauf warten, dass es hier endlich weitergeht will ich das auch mal tun. Momentan bin ich sehr im Unilernstress, da komme ich nebenbei kaum noch zum weiterlesen. Die wenigen freien Stunden werden dann meist auf andere Art vergammelt. ;)

Nun, jedenfalls, endete ich mit meiner Einführung kurz vor Ende des ersten Kapitels. Und genau an dieser Stelle fing es richtig an. Zumindest wurden einige Dinge enthüllt, die der Geschichte Nathan Zuckermans ein paar ganz neue Züge geben.

Während unser Schriftstellerpaar, Billy und Jamie, New York nach deren Angaben aus Furcht vor weiteren Terroranschlägen verlassen will, offenbart der Ich-Erzähler für seinen eigenen einstigen Rückzug ganz andere Gründe: Er wurde, als er noch in New York lebte, das Opfer massiver antisemitischer Bedrohungen! Das war der eigentliche Grund, sich völlig aus dem öffentlichen, kulturellen Leben zurückzuziehen. Auf dem Land suchte er Schutz vor Bedrohungen und widmete sich lediglich dem Schreiben. Es gelang ihm zwar, aber er verzichtete auf jegliche Öffentlichkeit und lebte in ständiger Befürchtung weiterer Drohungen.

Nun, zurück in New York, wird er wieder mit all seinen Erinnerungen konfrontiert. Mit Jamie und Billy erlebt er den Wahlabend. Diese und viele andere Intellektuelle in der Stadt hoffen auf George Bushs Abwahl durch John Kerry. Die Enttäuschung ist groß, als Bush am Ende doch wieder als Sieger der Wahl dasteht. Hier offenbart der Autor Roth eine Menge seiner eigenen Ansichten über die derzeitige US-Regierung.

Billy fährt schließlich zunächst alleine in die Berkshires um sich Zuckermans Haus anzusehen. Nathan dagegen überkommen immer mehr Zweifel ob er diese Wendung in seinem Leben wirklich durchziehen will. All das, womit er meinte abgeschlossen zu haben, steht plötzlich wieder vor ihm.
Auch die Anziehung, die Jamie auf ihn ausübt, wird immer stärker und er sucht ihre Nähe, möchte allein mit ihr sprechen. Sie ist vielleicht der Grund, wieso er, wie unter Zwang, weiterhin an der Abmachung festhält und nicht einfach wieder nach Hause, auf's Land zurückkehrt.

Auch zu Kliman, dem Biographen des Schriftstellers Lonoff hat er mehrmals Kontakt. Als sie sich treffen versichert Zuckerman er würde alles tun um die Biographie zu verhindern, woraufhin Kliman den alten Mann beleidigt. Von Jamie erfährt er allerdings Dinge die Kliman über Lonoff herausgefunden hat, die ihm selbst keine Ruhe lassen, so dass er selbst versucht mehr darüber zu erfahren.

So meldet sich dann auch Amy Bellette, die ehemalige Lebensgefährtin Lonoffs, da Kliman auch bei ihr versucht Informationen zu bekommen. Die beiden wollen sich treffen, was allerdings zunächst aufgrund Zuckermans fortschreitender Altersverwirrung scheitert. Er erwartet Amy im falschen Restaurant. Zusammen wollen die beiden versuchen Kliman an seiner Arbeit zu hindern. Zuckerman strebt jedoch auch selbst danach, mehr über Lonoffs Geheimnisse zu erfahren.

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Während ich mich wieder anderen Verpflichtungen zuwende und dabei hoffentlich auch noch zum weiterlesen komme, hier ein paar Links zum Roman:

Podcast und Kurzrezension des ORF

Rezension auf NZZ online

FR-Interview mit Philip Roth: "Ich bin nicht Zuckerman"

Philip Roth im Wiki (und auf englisch)

Montag, 14. Januar 2008

Neue Lektüre, Lesetagebuch

Philip Roth "Exit Ghost"

Gestern abend habe ich mit seinem neuen Roman angefangen und gleich die ersten 60 Seiten verschlungen! Zunächst war ich gar nicht so begeistert gleich wieder die Geschichte eines alternden Herren zu lesen, wo ich doch gerade erst Kempowskis "Letzte Grüße" hinter mir habe. Wenn ich ehrlich bin, noch nichteinmal ganz hinter mir. Die Aussicht darauf, Roths neuen Roman als einer der ersten in der der deutschen Übersetzung zu lesen, hat mich veranlasst den Kempowski kurz zu unterbrechen. Dies war dann wohl auch der Grund, dass ich doch wieder mit einer "Altherrengeschichte" begonnen habe.

Nathan Zuckerman, ein an den Folgewirkungen einer Prostata-Krebserkrankung leidender Schriftsteller, der sich für seinen Lebensabend eigentlich aus New York veranschiedet hatte und das Leben in einem Landhaus etwa 200 km nördlich von New York vorgezogen hatte, kehrt für eine Operation dorthin zurück und wie zufällig kommt es dazu, dass er diesen Aufenthalt durch eine Wohnungstauschmaßnahme verlängert.
Die Krebserkrankung ist zwar wahrscheinlich nicht das Hauptattribut des Protagonisten, jedoch erfahre ich als Leser schon gleich im zweiten Satz davon und überhaupt ist auf den ersten Seiten recht viel von den damit verbunden Unannehmlichkeiten sowieso auch von auffallend vielen Person die daran gestorben oder erkrankt sind. Daher auch hier die Erwähnung gleich vorneweg.

Zuckerman kommt also nach New York, unterzieht sich dort einem Eingriff von dem er hofft, er könne in von seiner Inkontinenz befreien, und trifft prommt und rein zufällig auf eine alte Bekannte. Diese erkennt ihn nicht und auch er ist sich, bis sie beim Namen genannt wird, über ihre Person nicht völlig sicher. Daraufhin folgt er ihr in ein Café und beobachtet sie. Es handelt sich um die ehemalige Lebensgefährtin eines verstorbenen Schriftstellers den Zuckerman verehrte, der jedoch ansonsten ziemlich in Vergessenheit geraten ist.
Als er am Abend auf alte Zeiten in ein italienisches Restaurant geht das er früher oft besucht hatte, stolpert er, der sich sonst schon lange dazu entschlossen hatte ohne Kenntnisnahme der Medien und dem tagespolitischen Geschehen zu leben, beim durchblättern eines Literaturmagazins auf eine Announce, in der eine Wohnungstauschpartnerschaft gesucht wird, um eine Wohnung in Manhattan für ein Jahr gegen ein Haus auf dem Lande, ein genau solches, wie Zuckerman es sein eigen nennt, zu tauschen.

Ganz zufällig, als wäre Manhattan ein Dorf, trifft er auch dabei auf nicht ganz Unbekannte Menschen. Es handelt sich um ein junges Schriftstellerpärchen, das wegen der Terrorpanik nach dem 11. September für mindetens ein Jahr auf de ruhigen und sicheren Land verbringen möchte. Zwar erkennt Zuckerman Jamie nicht gleich, obwohl sie eine fast magische Anziehung auf ihn hat, jedoch wird sich bald herausstellen, dass er an der Universität bereits einmal ihre Bekanntschaft gemacht hatte. Von dem Paar Billy und Jamie, erfährt auch ein Bekannten von denen von Zuckermans Aufenthaltsort und wendet sich umgehend an ihn, da er doch derjenige ist der eine Biographie über den Schirftsteller schreiben möchte, den Zuckerman verehrt, der aber leider nicht die ihm gebührende Bekanntheit erfährt. Zuckerman zeigt sich jedoch vorerst nicht sonderlich begeistert von dieser Idee und ist daher auch zu keinen Auskünften bereit.

Soweit bisher, jetzt will ich weiterlesen. Habe zwar jetzt eine quasi Zusammenfassung von allem bisher Geschehenen gegeben, aber zuviel verraten ist damit sicherlich noch nicht. Und da wohl sowieso kaum irgendjemand hier vorbeistolpert, wäre es auch nicht sonderlich tragisch, wenn doch.

Jedenfalls lohnt die Lektüre! Ich kann bisher zwar noch nicht sagen woran es liegt, aber ich war und bin gefesselt!