Aber worum geht's jetzt im Ganzen, was sind die Themen? Nathan Zuckerman, ein Schriftsteller nahe dem Ende seines Lebens, lässt dieses nocheinmal an sich vorbeiziehen und wird nocheinmal in den Sog der Jugend ein Leidenschaft gerissen. Eigentlich hatte er mit allem gebrochen, wollte seinen Lebensabend in Abgeschiedenheit und ausschließlich auf's Schreiben konzentriert verbringen, doch seine Inkontinez triebt in zurück nach New York wo er sich von einem Spezialisten behandeln lässt.
Hier trifft er auf das New Yorker Schriftstellermilieu, das früher auch der Ort seines Lebens war. Richard Kliman, sein Gegner, verkörpert für ihn die jugendliche Kraft und den Idealismus, den er selbst schon lange aufgegeben hatte. Auch Billy Davidoff und Jamie Logan, die sich so emphatisch einen Politikwechsel wünschen, zeichnen seine eigene vergangene politische Begeisterung und Aktivität nach. Auch sein sexuelles Verlangen nach Jamie zeichnet den letzten Wunsch nach zurückkehrender Jugendlichkeit wider.
Dagegen die Biographie, die Kliman über seinen verstorbenen Schriftstellerfreund schreiben will, führt ihm selbst sein eigenes Alter nur zu sehr vor Augen. Was geschieht mit einem Schriftstellerleben nach dem Tod. Ein Biograph, der keinerlei persönliches Verhältnis zu Lonoff hatte beansprucht für sich dessen Leben nachzuzeichnen und so das abschließende Bild eines Lebens zu entwerfen. Zuckerman Aversion gegen dieses Vorhaben gründet sehr stark im Bewusstsein seines eigenen bevorstehenden Todes und der Unsicherheit, was aus seinem Leben dann gemacht werde.
Der Roman Exit Ghost ist ein Buch über die Selbstreflektionen im Alter. Die Geister der Jugend die einen noch immer nicht loslassen wollen. Das kommende Ende, und die Angst was die Welt aus dem eigenen Selbst danach machen wird.
Daneben noch das sexuelle Verlangen eines alten Mannes nach einer jungen Frau. Ganz sicher ein Thema, dass schon unzählige Male in Romanen strapaziert wurde und daher auch sicherlich keine überragenden neuartigen Ideen ermöglicht. Für Roth selbst gehört das Thema schon zum Standardrepertoire. Trotzdem, ich bin der Meinung ein Thema muss nicht unbedingt neu sein, um gute Literatur zu ermöglichen. Ja es spricht, wie ich meine, sogar für einen Schriftsteller, dass immer wieder das eigene, persönliche Thema in die verschiedenen Werke hervortritt.
"Und irgendwann würde ich ebenfalls sterben, wie Amy, wie Plimpton, wie Lonoff, wie alle, die ihre Taten vollbracht und ihre Aufgabe erfüllt hatten und nun auf dem Friedhof lagen, allerdings nicht ohne mich zuvor an den Tisch am Fenster zu setzen, hinauszusehen in das graue Lich eines Novembermorgens, über den vom Schnee gepuderten Weg zum stillen, von Wind geriffelten Wasser des Sumpfes, das an den Rändern, wo die faulenden, skelettartigen Stengel des rispenlosen Schilfs standen, bereits überfror, und in meinem sicheren Hafen, wo keiner dieser New Yorker Menschen mehr zu sehen war - und bevor mein nachlassendes Gedächtnis mich vollends im Stich ließ -, die letzte Szene von Er und Sie zu schreiben."
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