Sonntag, 31. Mai 2009

Italo Svevo: Zeno Cosini


Meine momentane Lektüre gibt mir den Anlass mal wieder, falls gewünscht, an meinen literarischen, teilnehmenden Beobachtungen teilhaben zu lassen und diesen Blog mit Inhalten zu füllen. Zeno Cosini, ein Roman von Italo Svevo aus dem Jahre 1923. Schon lange stand das Buch bei mir im Regal und ich bin wirklich froh es nun aufgeschlagen und zu lesen begonnen habe. Daher die Empfehlung gleich zu Beginn: Ein wunderbares Buch, bedingungslos empfehlenswert!

Worum geht es: Erzählt wird in interessantem Erzählstil aus der selbstreflexiven Perspektive des Triester Bürgers Zeno Cosini. Im Vorwort kommt ein Psychoanalytiker zu Wort, der als fiktiver Veröffentlicher dieser Aufzeichnungen erscheint, die als Teil der Behandlung des Protagonisten von diesem verfasst wurden und nun nachdem Cosini diese abgebrochen hatte, vom Arzt veröffentlicht werden. Zeno Cosini ist wohlhabender Triester Bürger des Fin de siècle. Mit einem umfassenden Erbe kann er sich als Müßiggänger seinen Liebschaften und eingebildeten Krankheiten hingeben, ohne sich sonderlich um irgendetwas zu sorgen.
Interessant an der Erzählweise ist auch, dass der Antiheld seinen Werdegang nicht chronologisch erzählt, sondern in einzelnen Kapiteln thematisch vorgeht. Zunächst über die Leidenschaft und das Laster des Rauchens, dann das Kennenlernen seiner zukünftigen Gattin und die Umstände der Hochzeit. Anschließend lässt Svevo seinen Helden lange und ausführlich über die Leiden der Liebe zu seiner Gemahlin Augusta und seiner Geliebten Clara berichten um im darauf folgenden Kapitel seine geschäftliche Betätigung im Unternehmen des Schwagers Guido zu erzählen. In diesem Abschnitt bin ich auch gerade, so dass ich noch nicht bis zum Ende berichten kann. Durch die thematische Abhandlung entwirft sich erst nach und nach ein vollständiges Bild der Person und der Entwicklung des Zeno Cosini. In meiner Rowohlt Taschenbuchausgabe wird in einem Vorwort von François Bondy diese Erzählform wegen ihrer zeitlichen Vielschichtigkeit als schwierig bezeichnet. Das kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Der Roman lässt sich trotz dieses temporalen Wechsels sehr gut lesen und wird gerade dadurch noch zusätzlich interessant.

Zeno Cosini ist eine tragische, skurille und vielschichtige Gestalt. Ein Schwätzer und Angeber ohne großartige Fähigkeiten auf der einen Seite, andererseits aber auch sehr gutmütig und oft liebeswert. Dann erscheint er aber auch wieder kaltherzig und völlig frei von Empathie, wenn er beispielsweise über seine Sicht der eigenen oder anderer Kinder berichtet. Schon das Zustandekommen seine Ehe ist eine peinliche und schräge Komödie. Ins Hause eines Freundes und Mentors eingeführt, wird Zeno mit dessen vier Töchtern bekanntgemacht, von denen drei dem Alter nach als Ehefrauen in Frage kommen. Bereits vor dem Kennenlernen hatte Zeno beschlossen einer dieser Damen den Hof zu machen und diese zu heiraten. So bemüht er sich dann auch um Ada, diejenige in die er nach Entschluss verliebt. Dumm nur, dass sie rein gar nichts von ihm wissen will, und seine ständigen Versuche als geistreich und witzig zu erscheinen nur mit Verachtung würdigt. So kommt es, dass Zeno eines Tages den drei jungen Damen Ada, Alberta und Augusta nacheinander Heiratsanträge macht. Die beiden ersten lehnen ab, nur Augusta die Zeno, im Gegensatz zu seinen Gefühlen für sie, liebgewonnen hatte nimmt den Antrag an und die beiden verloben sich. Allein diese skurille Szenerie macht den Roman wunderbar leicht und zu einem herrlichen Lesevergnügen. Mehrere ähnlich unterhaltsame Episoden werden folgen.

Ein bisschen zäh war mir aufgrund seiner textlichen Länge Zenos ewiger innerer Kampf zwischen der Liebe zu Augusta und der Leidenschaft die er für Clara. Dieses arme aber hübsche junge Mädchen fand in Zeno einen Wohltäter und Liebhaber, er jedoch ist im wesentlichen mit sich selbst und seiner Zerrissenheit beschäftigt. Dass mir dieses Kapitel etwas langatmig erschien mag auch daran liegen, dass ich zwischenzeitlich nur sehr wenig Zeit zum Weiterlesen fand.

Der Abschnitt den ich gerade lese handelt von seiner geschäftlichen Betätigung, die man nur mit einem Lächeln als solche Bezeichnen kann. Zeno und auch sein Schwager Guido, der statt seiner am Ende Adas Ehemann wurde, sind zwei Menschen die keine sonderliche Begabung als Geschäftsmänner besitzen. Ein Kontor und Büro führen die beiden mehr zum Vergnügen und weil Gudio anscheinend der Meinung ist das sei ihrem Stand des höheren Bürgertums gemäß. An dieser Episode wird sehr schön der Übergang vom aristokratischen Ideal des Müßigganges hin zum bürgerlichen des Geschäftsmannes und berufstätigen Lebens parodiert.

Als kurzer Einblick in die Handlung des Romans soll das erstmal genügen. Ich werde ihn weiterlesen um dann vielleicht auch noch einmal über meine Eindrücke zu berichten.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr interessant!